Vom Komponisten zum Verleger
MATTSEER DIABELLISOMMER / STADLER QUARTETT
19/07/15 Wer Vieles bringt, wird Manchen etwas mit dem Motto: „Bunte Steine“ bringen. So am Freitag (17. 7.) in der Stiftskirche die Streichquartettformation des Mozarteumorchester-Konzertmeisters Frank Stadler. Mit von der Partie war Biliana Tzinlikova am Klavier.
Von Horst Reischenböck
Die gedankliche Verbindung der angekündigten „Großen Kammermusik“ bildete ein Zeitgenosse der Wiener Klassik, Franz Anton Hoffmeister. Dessen Name ist Freunden des Genres vor allem durch das D-Dur-Quartett KV 499 des zwei Jahre jüngeren Wolfgang Amadé Mozart geläufig – Hoffmeister hat es verlegt. Das Einzelstück, nach dem halben Dutzend Joseph Haydn gewidmeten Quartetten entstanden, wirkt eher spröder, obwohl es die Errungenschaften der Haydn-Quartette weiterspinnt, ja potenziert: schon im für damalige Zeit geradezu unerhört experimentellen Kopfsatz, gespickt mit Motiven, jedoch ohne Seitenthema. Darauf folgt ein Menuett, dessen Trio abrupt der Einsatz des eigentlich Ländlers beendet. Nach dem delikaten Adagio gipfelt es in einem Finale voll kontrapunktischer Finessen. Da werden Sonatenhauptsatzform und Rondo kunstvollst in Haydns Geist verknüpft.
Frank Stadler und Iszo Bajusz (Violine), Pedrac Katanic (Bratsche) und Florian Simma (Cello) setzten sich zu Beginn des Abends vehement tonschön für dieses Quartett ein und ließen sich auch durch das Glockengeläut um 20 Uhr in ihrer Ambition nicht irritieren. Den Hörern zur Freude und zum Genuss.
Kaum im Allgemeinbewusstsein verankert: Franz Anton Hoffmeister war ein durchaus respektabler, von Zeitgenossen geschätzter „fruchtbarer Componist“ (so Haydn). Sonst hätte dieser beispielsweise sicher im März 1791 am Schluss seines dritten Londoner Konzerts dessen „Grande Sinfonie „La Chasse“ aufgeführt! Hoffmeisters Klavierwerke ruft die Pianistin Biliana Tzinlikova derzeit in erstklassigen CD-Erstaufnahmen ins Gedächtnis. Nach Studien an der Universität Mozarteum lehrt die gebürtige Bulgarin unterdessen dort. In demKonzert beim Diabellisommer spielte Biliana Tzinlikova die dramatisch sich verdichtenden Variationen in C-Dur und, in Abänderung des Programms, anstelle der dreisätzigen Sonate in A-Dur von 1790 einen zart anhebenden Zweisätzer derselben Tonart aus der Sammlung des Universitätsprofessors Karl Heinrich Ludwig Pölitz von 1793 in Leipzig.
Dort hatte Hoffmeister das Bureau de Musique gegründet, das 1813 in den renommierten Verlag C. F. Peters überging. Der wiederuzm sicherte sich die Rechte am Druck des Klavierquartetts in c-Moll op. 13 des 20jährigen Richard Strauss. Zu Beginn knüpft das Werk unüberhörbar und voller Pathos an das Vorbild Johannes Brahms an. Da nutzte Biliana Tzinlikova die Gelegenheit nachdrücklich zur Antwort auf die Streicher-Leidenschaft am Bösendorfer. Auch im weiteren Verlauf war sie mehr als bloß gleichberechtigte Partnerin. Das Seitenthema kündet den kommenden Meister lyrischer Gesangspartien an, sowie das (nach dem schalkhaft einher springendem Scherzo) liedhafte Andante, das mit seiner Oberstimmen-Dominanz demQuartett-Charakter eher widerspricht, ganz im Kontrast zur vehement virtuosen Verknüpfung aller Beteiligten zum Schluss. Ein Abend zum Kennenlernen selten gespielter Stücke also, in exzellenter und leidenschaftlicher Ausführung.
Der Mattseer Diabellisommer dauert bis 18. September – www.diabellisommer.at
Bilder: www.stadlerquartett.at (1); Diabellisommer Mattsee/privat (1)
Zum Hintergrundbericht Gedrückte Tasten, gedruckte Noten