Literaturtage erfordern Sitzfleisch, bedeuten Begegnung
RAURISER LITERATURTAGE / FREITAG
08/04/13 So fanden etwa am Freitagnachmittag um 15 Uhr mehrere Veranstaltungen gleichzeitig statt, darunter auch die berühmten „Störlesungen“. Und während „große“ Autoren und geladene Gäste in den (Bauern)häusern ortsansässiger Familien lasen, kamen im Gasthof Platzwirt die Einheimischen selbst zum dichterischen Wort.
Von Peter Dammayr, Katharina Ruck,
Oliwia Blender und Anna Stockinger
Mehrere schreibfreudige Frauen und zwei Männer präsentieren ihre Texte, die aus der „Begegnung“ mit den Bildern „Aus Rauris 1982“ entstanden, einem Zyklus von Schwarzweiß-Fotografien, in denen der Künstler Kurt Kaindl das Tal und seine Bewohner portraitiert hat. Ein Portrait – und wie viele Gesichter, wie viele unterschiedliche Geschichten es in sich bergen kann: Das zeigt diese Lesung. Sie zeigt aber auch viele gelungene Schreibversuche, sowie einen Schreibwerkstattleiter - Ludwig Hartinger, seines Zeichens „Wortlandstreicher“ - der kritisiert und anerkennt.
Wohl der nächsten Begegnung wegen ist der Gasthof Grimming am Freitag (5.4.) ganze zwei Stunden vor der Abendveranstaltung bereits so überlaufen, dass wir ausweichen (müssen). Doch auch Nebenwege haben Vorteile: Kamera und Mikrophon sind näher an den Lesenden dran als wir es je gewesen wären. Sodass auch im Platzwirt Walter Kappacher, Zsuzsanna Gahse und Ursula Krechel über Leinwand und Lautsprecher zu uns und zu entsprechender Geltung kommen. In seinem preisgekrönten Roman "Der Fliegenpalast", hat Kappacher mit der Figur des alternden Schriftstellers H. Hugo von Hofmannsthal ein Andenken setzt: Wenn er von der Schreibkrise des kränklichen, von morbiden Gedanken geplagten H. erzählt, wendet er sich einem Lebensabschnitt Hofmannsthals zu, über den nur wenig bekannt ist. Der Text wirkt schwerfällig, auch weil er durch den Vortrag – nüchtern und emotionslos – nicht belebt wird.
Anders die in der Schweiz lebende und in Budapest aufgewachsene Autorin Zsuzsanna Gahse. Ihr Auftritt ist durchaus "Südsudelbuch"-gemäß, also dem ungewöhnlichen Titel entsprechend. Im Zentrum der Erzählung steht die Reise: "Alles ist in Bewegung.” Dabei nimmt sie einen kleinen Exkurs vor, einen Sprachen- und Mündervergleich, beschreibt humorvoll welche (ver)formenden Auswirkungen Aussprache auf Gemüt und Gesichtsform hat.
Ursula Krechel liest aus ihrem Roman "Landgericht", in dem sie die Probleme, die sich aus einem Exildarsein ergeben, aus einem komplett neuen Blickwinkel behandelt. Rauris-Begegnung: Zwei Autorinnen, ein Autor, drei LEBENS.WEGE.
Für DrehPunktKultur berichteten aus Rauris wieder Studierende von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung "Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2013)" am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.