Sogar eine Uraufführung diesmal
MATTSEE / DIABELLI-SOMMER
27/06/11 „Die slawische Seele“ war der Übertitel des Duo-Abends mit Sonaten für Violine und Klavier von Leoš Janá?ek, Franz Schubert, Kuzma Bodrov und Dmitri Schostakowitsch, am Mittwoch (22.6.) beim Diabelli-Sommer in Mattsee.
Von Elisabeth Aumiller
Frank Stadler, Violine und Luis Magalhäes, Klavier haben es sich nicht leicht gemacht. Vielmehr war die Wahl der gespielten Stücke sowohl spieltechnisch wie musikalisch auf forderndem Niveau angesiedelt. Gleich zu Beginn mit den ersten Takten der Janá?ek- Sonate fand Frank Stadler den rechten Ton, die wehmütige Süße der slawischen Melancholie, die den Zuhörer sofort gefangennahm.
Fein gesponnene kantable Linien wurden wie von kleinen Seufzern unterteilt. Zarte Brückentöne zwischen kraftvoll stürmischen Entladungen wirkten wie Besinnungspausen vor schneidenden Akzentschlägen. Die stimmungsvollen Momente assoziierten das Bild eines irisierenden Regenbogens nach sturmgepeitschten Schauern. Die Violine brillierte mit virtuoser Fertigkeit und setzte klangfeine Legatobögen gefühlvoll daneben. Geiger und Pianist schienen in völliger Kongruenz zu sein.
Zur Uraufführung gelangte die 2. Sonate des russischen Komponisten Kuzma Bodrov. Seine Sonate 1 hatte Frank Stadler bereits 2010 beim Salzburger Festival Aspekte hören lassen. Der Komponist war von Stadlers Interpretation damals so beeindruckt, dass er dem Geiger jetzt die 2. Sonate widmete. „Kuzma Bodrov komponiert im Spannungsfeld zwischen der Tradition seiner russischen Heimat und dem musikalischen Denken der Moderne“, war im Programmheft nachzulesen, und Frank Stadler definierte den Beginn der Sonate als „sehr reduziert mit einem Halbtonschritt, nennen wir es Themenbruchstück“. Stadlers eindringliches Spiel machte offenbar, dass ihm der Komponist den Part „in die Geige“ geschrieben hat, was ihm eine schöne Möglichkeit gab, auf seine ganz spezifische Weise Brillanz zu zeigen und seine geigerischen Fähigkeiten technisch und ausdrucksmäßig beeindruckend einzubringen. Nach skandierten Schlägen und hochvirtuosen Passagen schälte Stadler immer wieder melodisch biegsame Linien heraus, fand zurück zu feierlicher Ruhe und einer Art Entrücktheit. Der Pianist fand zu stimmiger Korrespondenz mit der Violine, schien dieser Musiksprache sehr zugetan, nahm die Anforderungen jedoch fast ein wenig sportlich, wodurch er manchmal etwas zu laut blieb.
Dmitri Schostakowitsch komponierte die Violinsonate op. 134 zum 60. Geburtstag von David Oistrach. In den Andante-Beginn ist die Zwölftontechnik eingebunden. Das Stück ist sehr kontrastreich aufgebaut. Grelle Farben wechseln mit dunklen und schwermütige Düsternis durchzieht weite Strecken, die dann am Ende, sich auflösend, verklingt. Die beiden Musiker schienen sich dabei ganz zu Hause zu fühlen, gingen mit großem Engagement, rhythmischer Prägnanz und Ausdrucksintensität ans Werk. Eine schlüssige Interpretation.
Solche Affinität zum Werk schien dagegen bei der Fantasie für Klavier und Violine in C-Dur op.159 D 934 von Franz Schubert weniger gegeben, zumindest was den Pianisten betrifft. Das Zusammenspiel war nicht so ausgefeilt wie bei den anderen Programmpunkten. Stadler spielte mit großer Differenzierung und feinen Nuancen, meisterte die virtuosen Passagen mit Bravour und balancierte mit gefühlvollen Kantilenen. Aber der Gleichklang mit dem Klavier kam erst im Finale wieder ins Lot. Die Pizzicati der Violine deckte das Klavier fast zu und auch sonst vergaß Magalhäes oft, das Klavier zurückzunehmen. Ein bisschen zu forteverliebt gab er sich insgesamt, dabei gewann sein Spiel in den fragilen Momenten an Klarheit und Prägnanz, sobald er den leisen Tönen vertraute.