Auf und mit Tönen reisen
MUSIKTAGE HUNDSMARKTMÜHLE
21/06/24 Genau zur Sommersonnenwende lud die Pianistin Cornelia Hermann Kammermusikfreunde wieder ein, ihr aufs Land zu folgen. Die Fahrtstrecke nach Thalgau ab Salzburg beträgt kaum 25 km – kein Vergleich mit jenen Entfernungen, die einst Komponisten wie Schubert, Gershwin und Mendelssohn zurücklegten.
Von Horst Reischenböck
Franz Schubert fuhr 1825 mit seinem Freund, Bariton Joseph Vogel, bis Gastein. In Salzburg kam’s zur Uraufführung seines kurz zuvor in Gmunden entstanden berühmten Ave Maria auf Worte von Sir Walter Scott. Dort blieb ihm wohl auch das Hämmern der Stöcklschläger oder Rammler, die zu ihren Liedern Holzpiloten in den Boden trieben, im Gedächtnis und sollte gegen Ende seines viel zu kurzen Lebens dann im Klavierbass seines Notturno op. posth. 148 bzw. D 897 nachhallen.
Karin Adam, Violine, Othmar Müller, Violoncello, beide mit vielleicht um eine Spur zu intensivem Vibrato, sowie Cornelia Herrmann widmeten sich zu Beginn des Konzerts am Donnerstagabend (20.10.) wie gefordert appassionato diesem mehrheitlich eher elegischen, von der Stimmung her melancholisch anhebenden E-Dur-Adagio-Einzelsatz.
Für freiberufliche Komponisten wie Schubert gab’s keinen wie immer gearteten Urlaub. Solchen zu genießen fehlte George Gershwin genauso Muße, als er zu Milieustudien für Porgy and Bess nach Charlston in dessen Catfish Row fuhr. Das brachte übrigens der längst Welterfolg gewordenen Oper zur Broadway-Premiere noch Ärger. Mangelte es doch an entsprechend ausgebildet farbigen Sängern, wie sie Gershwin explizit für alle szenischen Aufführungen verlangt. Stattdessen agierten Schauspieler und Nachtklub-Artisten. Wie man sich in Moskau schon 1945 aus eben dieser Schlinge zog, wäre Nachforschungen wert. Schon der aus der Ukraine gebürtige Jascha Heifetz sprang mit eigenem Arrangement auf den Erfolgszug von Summertime, Got plenty o’ Nuttin oder It Aint Necesserily auf. Hits, die natürlich auch in Ivan Frolovs etwas Flageolett-seeliger Concert Fantasia op. 19 nicht fehlen.
Mit dem Stück von Frolov, wie Oleg Kagan oder Gidon Kremer Schüler von David Oistrach, überraschte Karin Müller, ehe sie sich Heifetz’ ebenso wirkungsvoll virtuoser Adaptierung von Gershwin als touristischer American in Paris zuwandte.
Heute kann man sich kaum noch ausmalen, wie Felix Mendelssohn Bartholdy auf einem Segelschiff über den Kanal nach England und Schottland schipperte oder in einer Postkutsche mit 7 km/h Durchschnittstempo auf Schlaglöcher gepflasterten Straßen durch die Schweiz und Italien fuhr. Sein Klaviertrio Nr. 1 in d-Moll op. 49 stand am Ende des Programms. Nach dem stürmischen Kopfsatz führte Cornelia Herrmann liebevoll ins Andante, das sich im verströmenden Dialog von Violine und Cello zu einem ausgedehnten Lied ohne Worte auswuchs. Das Scherzo, dem ein Trio versagt blieb, huschte ähnlich spukhaft wie Shakespeares Ein Sommernachtstraum vorüber. Den Schlussakzent wiederum setzten danach Themen, von denen sich Mendelssohn kaum verabschieden mochte.
Aleksandr Goedickes Trio-Bearbeitung der Ernte, von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky für den August seinem Klavierzyklus Die Jahreszeiten op. 37b eingefügt, entließ die begeisterten Zuhörer nach anderthalb Stunden in die laue Sommernacht.
Heute Freitag (21.6.) lautet das Motto bei den 11. Musiktagen Hundsmarktmühle „Metropolen“. Dazu gibt’s selten zu hörende Bläser-Raritäten von Ludwig van Beethoven, Jacques Ibert, György Ligeti und Francis Poulenc – Ein Gustostück in der Matinee am Sonntag (23.6.): Sigiswald Kuijken, Pionier bei der Erforschung historischer Spieltechniken auf der Barockvioline, spielt Solostücke von Bach, auf der Violine und dem eigentümlichen Violoncello da spalla – www.musiktagehundsmarktmuehle.com