Zum Lachen und zum Weinen
FEUILLETON
27/12/23 Er lacht oder er weint: Der Krippenjackl erlebt wie der Betrachter die Geschichte der Geburt Jesu als Zuschauer: Es ist zum Weinen, die schier hoffnungslose Suche nach einer Unterkunft miterleben zu müssen oder die Szene, wenn die Flucht notwendig ist und Herodes alle Erstgeborenen umbringen lässt. Und es ist zum Heulen, wenn der Krippenjackl auf die Welt voller Konflikte schaut, in der wir leben.
Von Michael Neureiter
Der Krippenjackl kann aber auch lachen und sich freuen, dass die Geburt gelingt, dass die Hirten mit ihren Schafen kommen und dann die Weisen, die den neugeborenen Jesus besuchen – die Freude ist ihm anzusehen. Die Beobachter erleben Freud und Leid bei der Krippe aufgehoben.
Er war im Alpenraum öfters anzutreffen, in Kirchenkrippen in Salzburg, Bayern und Tirol: Die Kindergestalt gleicht einem Putto, sie trägt je nach Szene entweder den lachenden oder den weinenden Kopf. In der 1628 erstmals erwähnten Barockkrippe der Stiftskirche von Laufen ist er erhalten. Und in der Stadtpfarrkirche Hallein und ihrer aus dem späten 18. Jahrhundert stammenden Krippe wurde der Krippirearer (von „rearn“ – weinen, heulen, jammern) um den lachenden Kopf ergänzt.
In Hallein ging ein Großteil der spätbarocken Krippenlandschaft beim Großbrand 1943 verloren, nur die Kulisse der „Darstellung im Tempel“ blieb erhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg behalf man sich mit einer Wurzelkrippe, die am Kreuzaltar links aufgestellt wurde. Michael Neureiter half in den 1950er und 1960er Jahren seinem Vater, dem Mesner gleichen Namens, beim Aufstellen der Krippe und Wechseln der Szenen von der Herbergsuche bis zur Familie im Haus Nazaret. Er erinnert sich nur an den Kopf des Krippirearers. Der lachende Kopf war wohl verloren gegangen.
Erst als Sigrid Ortner in knapp zwanzig Jahren alle Figuren der Halleiner Krippe restaurierte und neu einkleidete, wurde der Halleiner Krippenjackl reaktiviert: Ortner bat den Adneter Bildhauer Peter Schörghofer um einen lachenden Kopf. Der Krippenjackl ist nun in den sechs Szenen der Krippe zu sehen, die in der rechten Seitenkapelle untergebracht ist. Die Krippe zeigt die „Landschaft“ des Halleiner Kornsteinplatzes mit Blick auf die Barmsteine.
Die Krippe der Stiftskirche Laufen an der Salzach wird jedes Jahr vor dem rechten Seitenaltar, dem Rupertusaltar, aufgebaut. Sie ist eine der ältesten Krippen nördlich der Alpen und stellt als Simultankrippe mehrere Szenen gleichzeitig dar. Sie soll an die hundert Figuren gehabt haben und verkam im 19. Jahrhundert immer mehr, bis die Figuren um 1900 verkauft wurden. Nur der Krippenjackl mit seinen beiden Köpfen schien als einziger überlebt zu haben: Nach Irrwegen wurde er von der Stadt Laufen erworben und dem Bayerischen Nationalmuseum München als Dauerleihgabe überlassen.
Anfang der 1980er Jahre des 20. Jahrhunderts fanden die Laufener Pfadfinder zusammen mit dem Stiftsmesner eine Kiste voll verstaubter, angeschlagener und verwurmter Köpfe, Holzkörper und Hände, offensichtlich Reste der berühmten Laufener Barockkrippe. Ein Kreis Kunstsinniger ließ dann Jahr für Jahr zusammengefügte, ergänzte und neu bekleidete Figuren „auferstehen“.
Der Laufener Krippenjackl in München erhielt ein Duplikat, in der prächtigen Krippe bringt er Freude und Leid zum Ausdruck. „Krippenvater“ Josef Heringer stattet die Krippe jährlich nach aktuellen Ereignissen aus: Wie er mitteilt, soll diesmal in der Darstellung des Besuchs der Drei Könige „eine Friedens-Szene im so unheiligen 'Heiligen Land'“ zu sehen sein.
Bilder: Stadtpfarre Hallein (1); Michael Neureiter (1); Bayerisches Nationalmuseum, München (1)