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Nicht still halten, wenn Unrecht geschieht

HINTERGRUND / GEGENWIND FESTIVAL HALLEIN

24/09/21 „Hallein ist unauflöslich verknüpft mit Tschickweibern, den Arbeiterinnen in der längst aufgelassenen Zigarrenfabrik. Bewundert und gefürchtet waren sie, die Tabaklerinnen, weil sie so goschert waren.“ Rund um die Tschickweiber und die legendäre Produktion des Theater bodi end sole kreist von 30. September bis 16. Oktober in Hallein das GegenWind Festival.

Von Heidemarie Klabacher

„Nicht still halten, wenn Unrecht geschieht“ Das war die Devise von Agnes Primocic, der bekanntesten unter den Arbeiterinnen in der Halleiner Tabakfabrik. Sie ist eines der Vorbilder für die Tschickweiber in der fast schon legendären Produktion des Theater bodi end sole aus dem Jahr 1995. „Das Stück war und ist eine Liebeserklärung an die mutigen Frauen von damals“, sagt Christa Hassfurther. Sie ist die Gründerin und Leiterin des Theater bodi end sole und Autorin und Regisseurin des Stückes.

Vergessene und verdrängte Teile der Geschichte der Stadt basierend auf den Biografien von Agnes Primocic und anderer beherzter Frauen der Zwischenkriegszeit seien für das Stück Tschickweiber aus ihrem Dornröschenschlaf geholt worden. Die Produktion des Theater bodi end sole Mitte der Neunzigerjahre war nach der Uraufführung bald über Hallein hinaus bekannt geworden.

Bis heute riefe die Produktion bei vielen Menschen „Bilder der Erinnerung“ hervor, auf die man stolz sein könne, so Christa Hassfurther. „Solidarisch und mutig haben sich diese widerständigen Frauen, die zum Teil unter unmenschlichen Bedingungen leben mussten, dem extrem autoritären Herrschaftssystem der 20er und 30er-Jahre gestellt.“Tschickweiber erzähle aber nicht nur die Geschichte von Frauen, die sich nicht den Mund verbieten lassen, sondern „auch die Geschichte über die schleichende Vergiftung der Gesellschaft durch menschenverachtende Propaganda“.

Das Stück wurde also 1995 uraufgeführt. Wiederaufnahmen folgen 1996, 2000 und 2001. Vierzig mal habe man vor ausverkauftem Haus gespielt. Im Jahr 2019 sei sie, berichtet Christa Hassfurther, von einem „Halleiner Mäzen“ gebeten worden, das Stück wieder aufzunehmen: „Er hat die Bedeutung des Stücks erkannt“, so Hassfurther. „Die Tschickweiber sind ja nicht nur von rein historischem Wert für die Stadt Hallein.“

Das Stück behandle, über Zeit- und Stadtgrenzen hinaus, gesellschaftliche und politische Themen, die auch nach hundert Jahren noch brandaktuell seien: „Die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Freiheit. Widerstand…“ Die Tschickweiber stünden, kurz gesagt für „GegenWind“.

Und so heißt denn auch das Festival von 30. September bis 16. Oktober in Hallein. Auf dem Programm rund um die Tschickweiber: Ursula Strauss und Ernst Molden, der für die Schauspielerin Lieder geschrieben hat. Julia Lacherstorfer, die Österreichisches Liedgut auf ihren Gehalt jenseits der Klischees vom „Dirndl“ abklopft. Ebru Tartici Borcher hinterfragt gleich Shakespeare und dessen Hamlet: „Wir dulden weiter, wenn die Stimme eines Mannes frauenfeindliche Sätze von Hamlet wiedergibt und Ophelia als das naive Mädchen dargestellt wird. Da am Ende alle sterben und in Frieden ruhen sollen, vergeben wir alles und hinterfragen es nicht weiter.“ Das sollte sich ändern? Hamlet als Frau und Ophilia mit Bart hat halt auch schon einen solchen. Wir dürfen gespannt sein. Sophie Hassfurther und Yvonne Zehner verschmelzen in ihrem Programm Likeminded Klassik, Improvisation und Jazz. Zum GegenWind-Programm um die Tschickweiber gehören auch eigenständige Veranstaltungen wie etwa die Ausstellung von Kathi Hofer im Kunstraum Pro Arte. Ein „Gespräch über die Ahninnen“ gibt es am 11. Oktober in der Alten Schmiede.

Charmantes Detail: Dass die Tschickweiber tatsächlich Spuren hinerlassen haben, zeigt ein so charmantes wie markantes Detail der neueren Stadtgeschichte: „Die renommierte Konditorei Braun hat auf Anregung unseres Theaters eine Nougat-Zigarre kreiert und sie den Tabaklerinnen gewidmet hat“, erinnert Christa Hassfurther. Die längliche Pralinee sei bis heute unter dem Namen „Süße Havanna“ erhältlich.

GegenWind Festival - 30. September bis 16. Oktober in Hallein - bodiendsole.at ; GegenWind Festival - www.facebook.com
Bilder: bodiendsole.at
 

 

 

 

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