Alles Bio rund um die Rosenkugel
HINTERGRUND / SALZBURGER FREILICHTMUSEUM
02/06/21 Mitten drinnen in einem g'scheiten Salzburger Bauerngarten steckt eine Stange mit Glaskugel obenauf. Das ist mindestens so typisch wie der Holzzaun drumherum, der idealerweise in alter Bauweise Brett an Brett oder Stange an Stange gefügt ist. Hungrige Feld- und Waldbewohner sollen abgehalten werden von Blumen und Gemüse.
Von Reinhard Kriechbaum
Aber wir erzählen hier zuerst nicht vom Dekor (Garten- oder Rosenkugeln) und auch nicht von der Einfriedung, sondern vom gesunden, ja biologisch geradezu vorbildlichen Kern der Sache: Für diese ist das Salzburger Freilichtmuseum dieser Tage mit der Plakette Natur im Garten ausgezeichnet worden. Das ist eine Initiative, die es seit Herbst vergangenen Jahres auch in Salzburg gibt. Es geht darum, möglichst viel Bewusstsein für naturnahes Garteln zu schaffen.
Das Salzburger Freilichtmuseums in Großgmain hat als erste öffentliche Gartenanlage in Salzburg die Plakette bekommen. Viele der Kriterien dafür hat man im Freilichtmuseum freilich schon erfüllt, lange bevor die Aktion im Sinne einer gesünderen Umwelt gestartet wurde.
So werden auf dem Gelände seit langem schon nur natürliche Dünger eingesetzt und man verzichtet auf chemisch-synthetische Pestizide. Neu ist, dass man auf Blumenerden mit Torf ganz verzichtet. Da die Gärten nach überliefertem Wissen und aufgrund wissenschaftlicher Forschungsarbeit angelegt und gepflegt werden, stellten die zusätzlichen Natur im Garten-Richtlinien bei der Bewertung keine Hindernisse dar.
DrehPunktKultur hat bei Michael Weese, dem Direktor des Freilichtmuseums, bei dieser Gelegenheit nachgefragt, wie das genau ist mit den Glaskugeln im Bauerngarten.
Seit wann ist das der Brauch? Ganz erforscht ist die Sache nicht, aber Weese geht davon aus, dass diese Kugeln in der Biedermeierzeit ihren Weg aufs Land gefunden haben, und zwar aus stadtnahen Gärten. „Bauerngärten haben mit Verklärung und Romantisierung zu tun“, erklärt der Volkskundler. Da spielt der beginnende Tourismus mit, die Gäste hegten Erwartungen ans idyllische Landleben. So kamen wohl nicht nur die attraktiven Glaskugeln, sondern auch Zierpflanzen in die Bauerngärten.
„Wir haben eine Kulturgeschichte der Bauerngärten in Auftrag gegeben“, berichtet Michael Weese, dem das Thema merklich ein persönliches Anliegen ist. Alte Reiseberichte, auch Rezeptbücher gilt es auszuwerten, um dahinter zu kommen, was in den Bauerngärten früher tatsächlich gezogen wurde und wie sie sich im Lauf der Zeit verändert haben. „Es fand sich bisher keine einzige Abbildung von Glaskugeln“, weiß Michael Weese.
Zur Natur im Garten-Auszeichnung sagt er: „Man darf nicht vergessen, dass früher eine nachhaltige Bewirtschaftung Basis für Versorgung war.“ Das Areal des Freilichtmuseums ist als Natura2000-Gebiet ausgewiesen, steht also unter strengem Naturschutz. Das mache nicht nur Freude, denn daran spießt sich gerade der Bau eines Besucherzentrums, das so nötig wäre. Weese verweist auf die Wechselwirkung zwischen Natur- und Kulturraum und darauf, was sein Vorgänger hier geleistet hat: „Es sind Habitate, die das Freilichtmuseum erst geschaffen hat.“