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Melancholie und Tanzeslust

MATTSEER DIABELLI SOMMER / ERÖFFNUNG / HINTERGRUND

09/06/17 „Aus der Donaumonarchie“ ist das Motto des Mattseer Diabelli Sommers. Eröffnet wird am Sonntag (11.6.) mit Schönberg-Walzern, Schubert-Tänzen, einer Suite von Janácek und mit der Uraufführung des Cello-Konzertes von Shane Woodborne. – Mit dem Komponisten sprach der Mattsee-Intendant.

Von Gottfried Franz Kasparek

Mit diesem Konzert wird Deine „Mattseer Trilogie“, bestehend aus einem Konzert für Violine und Cello, einem für Violine und einem Streichquartett, sozusagen zu einer Tetralogie. Du bist selbst Cellist, also ist es nahe liegend, ein Stück für dieses Instrument zu komponieren. Wie bist Du an das Konzert für „dein“ Instrument herangegangen?
Shane Woodborne: Das Cello hat eine starke Eigenpersönlichkeit. Mit diesem Werk möchte ich die Seele des Instruments und seine Klänge treffen. Mein Ziel ist auch, ein sehr romantisches Werk zu schreiben, ohne vordergründig zu sein und mit den Erfahrungen des 20. und 21. Jahrhunderts. Ich glaube, dass durch die Zwölftontechnik die Beziehung zwischen den Tönen nicht mehr vorhanden ist, eine Art Kommunismus in der Musik wo alle Töne gleich sind und der Affekt untergeordnet sein muss. Dagegen arbeite ich mit einer tonalen Basis, mit langen Phrasen, mit Verschiebungen und Gegenüberstellungen. Es gibt Motive, Themen, die sich im gesamten Stück immer wieder neu entwickeln und neu beleuchtet werden. Dabei gibt es eine statische Harmonie als Basis und die Grundstimmung ist melancholisch. Das Soloinstrument soll bewegend und leidenschaftlich singen.

Gibt es ein zentrales Motiv?
Shane Woodborne: Es gibt ein durchgehendes Motiv, welches die Repetition eines Tons beinhaltet. Das kann eine insistierende, pochende Wirkung erzeugen, aber auch große Gesanglichkeit.

Das Konzert besteht, ganz klassisch, aber mit vielfältigen Tempobezeichnungen, aus drei Sätzen, die durch Pausen getrennt sind. Welchen Charakter haben die einzelnen Sätze?
Shane Woodborne: Das Konzert beginnt mit einer langsamen Einleitung, die sich abrupt beschleunigt und wieder verlangsamt, bis zu einer kurzen Coda, die in einen Abgesang mündet. Im zweiten Satz sorgt das Grundmotiv für starke Spannung, die unausweichlich abbrechen muss. Es kommt zu einer elegischen Wiederkehr von Themen aus dem Kopfsatz. Das Ende allerdings stellt eine Frage, die offen bleibt - übrigens eine zwischen Violoncello und Kontrabass. Im dritten Satz wird das Grundmotiv in eine rhythmische Figur verwandelt, welche gleichsam atemlose, virtuose Passagen zwischen Solist und Orchester provoziert. Doch diese Figur ist gleichsam ein Gerüst, über dem überraschender Weise ein Tango entsteht. Was ganz am Anfang des Stücks schon zu hören war, wird zu einer Feier des Tanzes, voller Vitalität und Energie.

Das Tänzerische zieht sich ja durch das ganze Konzertprogramm, das Du entwickelt hast und welches ganz wunderbar zu unserem Thema Donaumonarchie passt. Arnold Schönberg wird beim Diabelli Sommer immer einen Ehrenplatz haben. Schönberg, ein Vater der Avantgarde, hat sehr spätromantisch begonnen. Die Walzer sind ein Jugendwerk, bestimmt für ein Streichorchester seines Freundes Zemlinsky, in dem Schönberg Cello spielte.
Shane Woodborne: Ja, und diese kostbaren Miniaturen beweisen, wie meisterhaft Schönberg tonal komponieren konnte. Schönberg war Wiener und huldigte ja des Öfteren der Wiener Tanzform, woraus sich automatisch der Bezug zu Schubert ergibt. Schubert war der erste ganz große Meister dieser Form. Seine Deutschen Tänze, frühe Walzer, vermitteln nicht nur Tanzlust, sondern darunter liegende, tiefe Empfindungen, die mit Noblesse und fast beiläufig serviert werden, aber nicht zu überhören sind. Dies wirkte stilbildende für die Walzer der Strauss-Dynastie.

Am Ende des Abends machen wir aber einen Ausflug nach Böhmen und Mähren, in die Jugend von Leoš Janácek, einem weiteren Vater der Moderne, der allerdings sein Leben lang einer erweiterten Tonalität treu geblieben ist. Janácek hatte in Prag Orgel studiert und war nach seiner Heimkehr nach Brünn 1877 gleich Professor für Komposition geworden. Natürlich ist der damals entstandenen Suite für Streichorchester noch das Studium der Musik des verehrten Dvorák anzumerken. Shane Woodborne: Aber mit welcher Meisterschaft und Originalität hat er das verarbeitet! Da findet die Schwermut der slawischen Seele ebenso ihren Platz wie das lustvolle, aber oft doppelbödige Tänzerische. Melancholie und Tanz stehen ja auch in meinem Stück im Mittelpunkt.

Mattseer Diabelli Sommer: Festliche Eröffnung am Sonntag (11.6.) um 19.30 in der Stiftskirche - es spielen die Camerata Salzburg unter der Leitungvon Gregory Ahss und der Cellist Jeremy Findlay - www.diabellisommer.at
Bilder: dpk-krie (1); dpk-klaba (1)

 

 

 

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