Seit 15 Jahren legal on air
HINTERGRUND / FREIE RADIOS
03/10/13 In Österreich senden derzeit 14 Freie Radiostationen 7 Tage die Woche 24 Stunden lang selbst gestaltetes Programm. Mehr als 2.500 Menschen engagieren sich ehrenamtlich in Freien Radios. Die finanzielle Ausstattung des nichtkommerziellen Rundfunks hinkt seinem Stellenwert im österreichischen Mediensystem freilich noch stark hinterher.Die ersten Freien Radios gingen 1998, also vor 15 Jahren erstmals (legal) auf Sendung. Den Jubiläumsreigen eröffnet hat unlängst Radio Orange in Wien mit einem großen Open-Air und 24 Stunden Sonderprogramm.
Blickt man zurück in die Geschichte, so findet man sich in der Ersten Republik wieder. Schon damals gab es Piratenradios des Sozialdemokratischen Freien Radiobundes. Doch Österreich war nie ein Land, das Meinungsvielfalt aktiv gefördert hat. Das Recht, legal zu senden, musste hart erkämpft werden. Erst nach Klagen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte fiel 1993 das Rundfunkmonopol. Somit war Österreich das letzte Land in Europa, das private kommerzielle und nichtkommerzielle Radios zuließ. Und es brauchte gar einen weiteren Einspruch, dieses Mal beim österreichischen Verfassungsgerichtshof, bis im Zuge der Novellierung des Regionalradiogesetzes 1997 auch erste Lizenzen an nichtkommerzielle Radios vergeben wurden.
Seither wächst die österreichische nichtkommerzielle Rundfunkszene unaufhörlich. Mittlerweile gibt es neben 14 Freien Radios auch drei Community Fernsehen in Österreich. Über 4 Millionen Menschen in Österreich können Freie Radios empfangen. Mehr als 2.500 aktive RadiomacherInnen gestalten regelmäßig Sendungen in über 25 Sprachen. “Freie Radios sind gelebte Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern“, betont Andreas Wahl, Obmann des Verbands der Freien Radios
Österreich. „Sie sind nicht nur Informationsmedien, sondern vor allem Kommunikationsmedien, die Diskussionsräume eröffnen und Identität stiften. Nichtkommerzielle Medien trügen als freie Artikulationsmedien aktiv zum Erhalt der kleinräumigen, kulturellen Identität Österreichs bei, abseits vom markttauglichen Mainstream, so Andreas Wahl.
Der Kampf der Radioaktivisten, der in den siebziger Jahren begann, war mit der Legalisierung Ende der neunziger Jahre nicht beendet. Die bewusste Entscheidung, Sendungen im offenen Zugang zu produzieren, ein nichtkommerzielles Programm zu senden und Meinungsvielfalt somit nicht der Logik des Marktes zu überlassen, führte zwangsläufig dazu, dass Förderbedarf entstand. Nachdem jegliche Bundesförderungen unter Schwarz-Blau eingefroren wurden, wurde 2009 ein Nichtkommerzieller Rundfunkfonds (NKRF) sowie ein Privatradiofonds eingerichtet. Doch die Dotierung des NKRF mit 3 Millionen € greift zu kurz und stellt die Freien Medien15 Jahre nach ihrer Legalisierung erneut vor finanzielle Schwierigkeiten.
Obwohl sich Österreich im Privatradiogesetz zur Weiterentwicklung des dualen Rundfunksystems verpflichtet hat, hinkt die derzeitige Verteilungspolitik diesem Bekenntnis hinterher. Setzt man das Budget des NKRF nämlich in Relation zu den Transaktionskosten, die die GIS im Zuge des ORF-Gesetzes bei den Bürgern einhebt, dann kamen 2012 nur 0,3% dieser Einnahmen dem nichtkommerziellen Sektor zu Gute. “Die derzeitige Höhe der vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel steht in keiner Relation zum Stellenwert des 3. Rundfunksektors“, kritisiert Andreas Wahl die derzeitige Verteilung der finanziellen Mittel. Denn mediale Öffentlichkeit im 21. Jahrhundert solle „nicht passiv informieren“, sondern „aktiv von zivilgesellschaftlichen Akteuren“ gestaltet werden. Die österreichische Medienlandschaft sei mit einer zunehmenden Medienkonzentration und einer abnehmenden Meinungsvielfalt konfrontiert, die der kommerzielle Mediensektor nicht auszugleichen vermag. Der nichtkommerzielle Rundfunk fungiere „als Komplementärmedium“, er räume „medial marginalisierten Gruppen und Meinungen Platz ein“ und eröffne regionale und lokale Diskussionsräume.
„Die letzten 15 Jahre haben gezeigt, dass das Bedürfnis nach freier Meinungsäußerung trotz der vielbeschworenen Politik- und Demokratieverdrossenheit ungebrochen hoch ist. Immer mehr Menschen produzieren ehrenamtlich Sendungen, um ihre Themen und Anliegen in eine breitere Öffentlichkeit zu bringen und über lokale Ereignisse zu berichten”, schildert Andreas Wahl und sieht daher die Politik gefordert, diese Meinungsvielfalt in Österreich in ausreichendem Maß zu fördern.
Mit einer Aufstockung des Nichtkommerziellen Rundfunkfonds, wie sie vom Verband der Freien Radios Österreich und dem Verband Community Fernsehen Österreich gefordert wird, würde Österreich auch den Empfehlungen des Europäischen Parlaments, des Europarates, der Vereinten Nationen und der OSZE nachkommen, die Community Medien eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung von Medienvielfalt und sozialem Zusammenhalt zuweisen. In demokratischen Gesellschaften sei es Aufgabe des Staates, Meinungs- und Medienvielfalt zu gewährleisten. Dieser Verantwortung müsse die österreichische Politik mit entsprechender Förderung nachkommen, fordert man.
(Verband der Freien Radios Österreich)