asdf
 

Abends sind die Plätze leer

FERNSEHDOKUMENTATION / ABSEITS DER FESTSPIELE

03/08/12 „Es ist, als ob man die Tonspur abgeschaltet hätte“, sagt der Karikaturist Thomas Wizany in der Fernsehdokumentation „Abseits der Festspiele – Salzburg und die Kunst“, die am Sonntag (5.8.) in 3sat erstausgestrahlt wird. Italienisch sei die Architektur hierorts, aber eben leider nicht die Wesensart.

Von Reinhard Kriechbaum

Blättert man im täglich aktualisierten Pressespiegel der Festspiele, der im Medienzentrum aufliegt, dann kann man  sich nicht des Eindrucks erwehren: Die Promi-Geschichten überwiegen in der Berichterstattung. Ob des Intendanten junge Freundin sich auch auf dem Festspielparkett sicher zu bewegen weiß (dass sie gute Figur macht, ist bekannt), das interessiert offenbar rasend.

Keine Sorge: Die Dame hat bisher in den Gesellschaftskolumnen gute Betragensnoten eingeheimst. Ein bisserl was haben die Festspiele aber schon auch noch mit Kultur zu tun. Wenn sie sich bisher auch szenisch weniger innovativ geben, aber sehr wohl mit Sängerleistungen der Extraklasse punkten: es ist doch über mehr als über die jeweilige Auffahrt vor den Veranstaltungen zu erzählen.

Dem Sender 3sat ist sogar noch eine Frage eingefallen, die so unwesentlich nicht wäre. Hat Salzburg eigentlich, wenn die Jedermann-Tribüne wieder abgebaut ist, noch eine Kultur? Als Einstimmung auf die „Ariadne“-Übertragung am kommenden Sonntag (5.8., 20.15 Uhr) sendet 3sat genau eine Stunde früher die Dokumentation „Abseits der Festspiele“. Peter Beringer, ein in Salzburg lebender Deutscher, ist der Regisseur.

Wahrscheinlich wäre es zu viel verlangt, von einem solchen Image-Film wirklich eine genaue Analyse oder auch nur eine schemenhafte Spiegelung der tatsächlichen Vielfalt zu erwarten. Der Filmemacher hat sich sicherheitshalber gleich auch gar nicht eingelassen auf Fragen des Geldes: Gibt es eine (sinnvolle) Relation zwischen der die Umwegrentabilität fördernden Festspiel-Subventionierung und den öffentlichen Kultur-Zuwendungen das Jahr über? Wie auch immer die Antwort ausfiele, allein die Frage wäre zu stellen.

Eine andere: Welche Auswirkungen hat der künstlerische Festspiel-Pegel auf die Erwartungshaltungen am Ort das Jahr über? Motivieren oder entmutigen die Ferstspiele? Sieht Salzburger Kultur im Kern anders aus als jene in Graz, Linz, Klagenfurt oder Innsbruck?

Aber um solche Dinge hat Peter Beringer einen weiten Bogen gemacht. Er holt das Publikum ab bei einer Festspielprobe der Camerata Salzburg unter Kent Nagano (übrigens wäre da noch ein zweites ganz passables Orchester am Ort, aber das wird nicht erwähnt). Die Sommerakademie und der Galerist Thaddaeus Ropac stehen für die Bildende Kunst, etwas unmotiviert auch eine Malerin namens Martina Stock, die gerade ein Förderatelier im Künstlerhaus hat, aber in Wirklichkeit schon nach Wien gesiedelt ist. Nun ja.

Von Musik-Seite sind der Geiger Benjamin Schmid und die Jazzerin Sabina Hank natürlich Salzburger Vorzeigekünstler, „Jazz in der Altstadt“ wird als Festival in der 45-Minuten-Dokumentation wenigstens erwähnt (was weder der Sommerszene gelungen ist noch der Mozartwoche oder der Biennale). Rockhouse, Literaturhaus, ARGEkultur, Schauspielhaus, Landestheater, Kleines Theater – nichts da. Dafür darf der Breakdancer Alexander Wengler kundtun, dass ihm für den einen abendfüllenden Event, den er gemacht hat, das Große Festspielhaus sehr zupass gekommen sei: 2000 Leute zähle in etwa seine Klientel, und diese statt in einem Aufwasch ins Festspielhaus, sondern im Lauf einer Woche nach und nach ins Republic zu holen, hätte ihn zu viel Künstlerdiäten gekostet.

Letztlich ist und bleibt der Film, der durchaus die Außenwahrnehmung der Stadt hätte ein wenig korrigieren helfen können, ein touristischer Blick von weit draußen. Kein Wunder, hat ihn doch das Deutschland-Department der Österreich-Werbung maßgeblich gesponsert.

Eine Handvoll Künstler, die es zu etwas gebracht haben, fänden sich vielleicht sogar in Klagenfurt. Markus Hinterhäuser wurde auch befragt, und er klagt, dass die Plätze der Stadt abends leer sind. Stimmt. Sind sie aber leerer als jene von Innsbruck oder St. Pölten?

3sat sendet die Dokumentation „Abseits der Festspiele“ am Sonntag (5.8.) um 19.15 Uhr. Danach ab 20.15 Uhr: „Ariadne auf Naxos“ - www.3sat.de
Bilder: ORF/pre-tv

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014