asdf
 

„Hundstrümmerlradio“, das viel bewirkt

HINTERGRUND / RADIOFABRIK / STADTTEILRADIO

31/05/12 „Radiomachen ist unsagbar lustig, wenn man Interviewpartner hat, die Spannendes zu erzählen haben.“ Das sagt Jörg Eberhard, einer von sechzehn Leuten, die bei der Radiofabrik fürs „Stadtteilradio“ tätig sind. Seit zwei Jahren gibt es in Salzburg solche Radioreporter im eigenen Grätzl.

Von Reinhard Kriechbaum

Für Alf Altendorf, den Geschäftsführer der Radiofabrik, ist das Stadtteilradio ein „Musterbeispiel dafür, was freie Radios können“. Ein mediales Referenzprojekt auch insofern, als diese vor Ort und mithin authentisch gemachten Beiträge immer wieder Wirkung auf politische Ansprechpartner hätten: „Gemeinderäte und Gemeinderätinnen werden aufmerksam, Botschaften landen bei ihnen!“

Die Idee des Salzburger Stadtteilradios ist simpel: Die Reporter kommen selbst aus dem jeweiligen Grätzl und greifen Themen auf, die sie selbst und die Menschen in ihrer Umgebung bewegt. Hundstrümmerl waren da genau so schon ein Thema wie die drohende Abschiebung einer fünffachen Mutter nach Makedonien. So bunt wie das Leben sind dann auch die Sendungen: In Lehen besuchten Radioreporter die Kinderzeitung Plaudertasche. In Parsch untersuchte man die Barrierefreiheit am Beispiel von Banken, Geschäften und Kirchen. In Itzling wurde über den Parking-Day berichtet und in Schallmoos über die Geschichte des Bierbrauens. Der Leopoldskroner Mitarbeiter lud einen Schmerzforscher ins Studio ein.

In derzeit acht Stadtteilen sind ehrenamtliche Radiofabrik-Reporter unterwegs. Im Einzelnen sehen Organisation und Beteiligung ganz unterschiedlich aus. Im Fall des Andräviertels steckt ein Stadtteilverein dahinter. In Lehen haben Iris Perner von „Spektrum“ und die Bewohnerzentrums-Mitarbeiterin Sarah Untner die Sache zu der Ihren gemacht. In Karl Zankl hat man dort obendrein einen „Generalsenior“ im Team, der – so wird erzählt – „fast jeden Tag irgendwo mit dem Mikrophon unterwegs“ sei. Den über Siebzigjährigen kenne man unterdessen in ganz Lehen, heißt es. Andere sind Einzelkämpfer, etwa Felix Freisinger in Aigen oder Lina Cenic in Maxglan. Das bevölkerungsreiche Liefering ist derzeit eine Blindstelle, und „auch für die Elisabethvorstadt täte ich mir jemanden wünschen“, sagt die Radiofabrik-Programmkoordinatorin Eva Schmidhuber.

Manche dieser ambitionierten Radioreporter finden, dass die Themen sozusagen auf der Straße liegen. Andere wie Alex Ringerthaler in Leopoldskron-Moos müssen eher suchen nach Material. Schließlich, so Ringerthaler, gehe es ja auch darum, „dass mich ein Thema auch selbst interessiert“. Einige gestalten Live-Sendungen, andere produzieren ihre Beiträge vor. Auch das wird nach Vorliebe gelöst und macht letztlich die Buntheit des Stadtteilradios aus.

Vor genau zwei Jahren ist man on Air gegangen. Das sei damals ein österreichweites Pilotprojekt gewesen, erzählt Eva Schmidhuber. Inzwischen werde auch in Wien an einem ähnlichen Projekt gearbeitet. Die Gemeindeentwicklung finanziert die Einschulung der Reporter, die dann aber ehrenamtlich tätig sind. „In einer halben Stunde Sendung stecken schon zehn Stunden Arbeit“, weiß Alexander Ringerthaler aus Erfahrung.

Wie groß die Zuhörerzahl sei, sei für ihn nicht das Entscheidende, so Jörg Eberhard (im Hauptberuf Leiter der Werbeagentur „Fliegende Fische“ und Lehrer an der Werbedesign-Akademie): „Radio ist als ein Kommunikationsmittel zu sehen.“ Es sei „ein wichtiger Baustein, um Bewohner zu vernetzen“. Von einem „Abbild der Salzburger Zivilgesellschaft“ reden die Radio-Fabrikanten im Grätzl. „Stadtteilradio ist für mich gelebte Partizipation und gibt allen Menschen im Stadtteil eine Stimme“, so Sarah Untner aus Lehen.

Der Sendeplatz ist „prominent“, Freitag um 17 Uhr. Die bisher gesendeten rund 130 Beiträge sind auch online abzurufen. Das Salzburger Stadtteilradio wird momentan von acht  Stadtteilen und 16 Redakteurinnen und Redakteuren getragen: Aigen (Felix Freisinger), Itzling (Christina Pürgy), Lehen (Iris Perner, Sarah Untner, Karl Zankl, Franz Fleissner, Fang Liang He), Leopoldskron-Moos (Sabine Bell, Alexander Ringerthaler), Maxglan (Lina Cenic), Parsch (Ingrid und Ulrich Munz), Schallmoos (Bernhard Dusch und Gerald Kuss) und Andräviertel (Jörg Eberhard, Carl Plötzeneder).

Die Sendezeiten:
1. Freitag im Monat: 17 Uhr Leopoldskron-Moos/ 17.30 Maxglan
2. Freitag im Monat: 17 Uhr Parsch/ 17.30 Andräviertel
3. Freitag im Monat: 17 Uhr Lehen/ 17.30 Schallmoos
4. Freitag im Monat: 17 Uhr Aigen/ 17.30 Itzling
Die Sendungen zum Nachhören: stadtteil.radiofabrik.at
Bilder: Radiofabrik  (2); Forum Andräviertel (1)


 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014