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Ein zynischer Blick auf die Welt

IM KINO / ZERO DARK DIRTY

15/02/13 Gewalt. Folter. Rache. Wären wir in einem Tarantino-Film, hätten wir nichts zu befürchten und könnten uns beruhigt im Kinosessel zurücklehnen - befinden wir uns doch im sicheren Parallel-Universum des Kinos, in dem Gewalt nicht mehr als ein Stilmittel ist, wie der Regisseur selbst immer wieder gerne betont.

Von Andreas Öttl

In Kathryn Bigelow’s verstörendem Based-on-facts-Thriller „Zero Dark Thirty“ hingegen tut die ungeschminkt gezeigte Gewalt weh und wir wünschen uns bald, ihr nur irgendwie zu entkommen. Selbst in jenem – nicht wirklich – befreiendem Moment, in dem sie sich letztendlich gegen den meistgesuchten Terroristen der Welt richtet.

Der Spielfilm über den medial bereits enorm ausgeschlachteten Militärakt sorgte schon vor seiner Entstehung für Kontroversen. Viele Beobachter meinten, es sei noch zu bald für eine filmische Aufarbeitung der Operation und fürchteten überdies, ein Hollywood-Film würde ein falsches Bild der von der Öffentlichkeit über Jahre hinweg geheim gehaltenen Mission liefern. Der fertige Film liefert dann auch – obwohl sich die Filmemacher betont seriös dem Thema Terrorbekämpfung annähern – durchaus Diskussionsstoff. Vor allem die drastischen Folterszenen zu Beginn des Films ließen viele Kritiker heiß laufen – der Film würde Folter als notwendiges Übel verharmlosen und suggerieren, dass ohne diese Maßnahmen Bin Laden niemals gefunden werden hätte können.

Doch diese einseitige Kritik verdeckt den Blick auf die Essenz des Films, der letztendlich sogar die Sinnhaftigkeit der Tötung Bin Ladens in Frage stellt und der zugleich Fanatismus jeglicher Art  an den Pranger stellt. Kathryn Bigelow selbst beteuert in Interviews stets, ihr Film würde nur die Ereignisse schildern und keinerlei Position beziehen. Ob sie das allerdings wirklich so meint, sei dahingestellt, denn ohne Zweifel bezieht der Film Stellung – wenn schon nicht explizit, dann zumindest implizit. Darüber hinaus steht außer Frage dass ein Film über die generalstabsmäßig geplante Tötung eines Menschen ohnehin niemals moralisch unproblematisch sein kann.

Im Vergleich zum Vorgängerfilm „The Hurt Locker“, für den die Regisseurin vor drei Jahren als erste Frau den Regie-Oscar gewann, wirkt „Zero Dark Thirty“ reifer und noch authentischer. Statt hektischer Handkamera-Szenen ist die Kameraführung dieses Mal bis auf wenige Ausnahmen zurückhaltend und bedächtig, was die bedrückende Stimmung des Films nur noch verstärkt. Und statt adrenalingeladenen Actionszenen gibt es den quälenden Alltag jahrelanger Recherchearbeit. Dennoch gibt es Parallelen zwischen den beiden Filmen, was nicht zuletzt daran liegt, dass der ehemalige Kriegsjournalist Mark Boal erneut als Drehbuchautor und Produzent maßgeblich am Projekt beteiligt war. Mit ihrem präzis-nüchternen, semi-dokumentarischen Stil sind beide Filme jedenfalls Beispiele eines 21st Century Cinema – eines Kinos, das von einem zynischen Blick auf die Welt geprägt ist und Emotionen sowie übertriebene Stilisierung scheut. Ein krasser Gegensatz etwa zum schärfsten Oscar-Konkurrenten, Steven Spielbergs „Lincoln“, der noch in der Tradition des klassischen, starbesetzten Hollywood-Erzählkinos steht.

Getragen wird der Film von der von Jessica Chastain großartig verkörperten Hauptfigur, der jungen CIA-Agentin Maya. Eine ehrgeizige Einzelkämpferin, die von der Mission, Bin Laden aufzuspüren, besessen ist und ihr die schönsten Jahre ihres Lebens widmet. Viel erfahren wir nicht über diese Heldin, die keine ist, doch die Leere in ihren müden Augen verraten uns mehr als genug. Wie sehr sie mehr und mehr selbst an der zermürbenden Suche nach dem Feind zerbricht, wird bald immer deutlicher. Vor allem die starke letzte Szene des Films bringt letztendlich zum Ausdruck, dass Hass niemals zu innerem Frieden führen kann. Immer nur Liebe…

Bilder: Universal Pictures

 

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