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Meine Omi ist 93 Jahre alt und trinkt viel zu wenig Wasser

NEU IM KINO / HOLY WATERS

27/04/12 Ruhig fließen die Bilder, wie ein großer Strom. Welche Wasserverehrer, -erforscher oder -beschwörer man selber je nach Glaube oder Ideologie als seltsam empfinden mag: David Gross jedenfalls widmet ihnen allen dieselbe geruhsame Aufmerksamkeit. Seine Liebe gehört freilich seiner Omi allein.

Von Heidemarie Klabacher

Dass die Erde zu zwei Drittel mit Wasser bedeckt ist, weiß man. Dass es einen Japaner gibt, der Wasser wahlweise erschreckt oder einlullt und dann fotografiert, hat man auch schon gehört (wenn Heavy Metal oder das Wort Krieg auf das Wasser eindringt, bildet es ganz entsetze Formen). Dass der Japaner Masaru Emoto heißt, hat die Dokumentation von David Gross in Erinnerung gerufen.

Was das Besondere an dem 74minütigen Streifen ausmacht, liegt freilich viel näher als Japan (oder der Atlantik vor der Bretagne, dessen Wässer von einer Schamanin beschworen werden): Das sind die Aufnahmen von der Kapelle „Heilige Kammer“ im Oberösterreichischen. Eine Art Wasserscheide für die verschiedenen Ideologien rund um das Wasser: Die einen glauben, dass die Gottesmutter Maria via Quellwasser heilsam wirke, die anderen, dass gerade der kleine Sakralbau über der Quelle das Wasser an der Entfaltung seiner wahren Kraft hindere. "Kreuze sind besonders abträglich", sagt einer. Da sind mir die „Wächter der Quelle“ (so wird das Ehepaar, das Kapelle und Quelle betreut, im Nachspann genannt) schon lieber.

Der Metzger, der für seinen Leberkäse Wasser der Heiligen Kammer verwendet hat, kommt auch zu Wort. Die Kirche habe ihm inzwischen verboten, aus dieser Quelle zu schöpfen. Aber nur, weil er das „Heilige Wasser“ zu kommerziellen Zwecken gebraucht und seinen Leberkäs „Heiligen Leberkäs“ genannt habe, betont ein Kirchenmann.

Das Wasser, das unter der Kapelle Heilige Kammer hervorsprudelt, ist das Leitmotiv. Immer wieder kehrt die ruhig geführte Kamera für lange Blicke und Einstellungen auf die Kapelle zurück. Stimmig die unterlegte Musik. Verschiedenste Wissenschafter, echt und selbsternannt, untersuchen das Wasser, alle bescheinigen ihm ausgezeichnete Qualität. Ein Internist sagt: „Wenn man von vorne herein negativ eingestellt ist, verliert man. Man muss positiv akzeptieren was wirkt.“

Der Arzt vom Büro der Wunder in Lourdes kommt übrigens auch zu Wort: Das Lourdes-Wasser sei ganz normales – ausgezeichnetes aber normales – Quellwasser. „Den Unterschied“ mache nur das aus, „was der Mensch sich erwartet“, in welcher Haltung, in welchem Glauben er sich nähere. Unheimlich und bewegend übrigens die Bilder von dem fast militärisch präzise organisierten Aufmarsch der Pilger vor Lourdes bei aufziehendem Gewitter. In diesen Passagen erinnert man sich natürlich an Jessica Hausners Lourdes-Film. David Gross lässt aber keine noch so unterschwellige Ironie oder Kritik an allfälligem Wunderglauben einfließen. Das besorgt schon seine Omi.

Der Filmemacher bringt ihr regelmäßig Wasser von der Heiligen Kammer, erstens wegen der Heilkraft und zweitens weil die alte Dame ohnehin zu wenig trinke, wie der besorgte Enkel meint. Die Omi selber glaubt „nicht so recht “, dass Wasser Wunder vollbringen könne. An Gott glaubt sie schon, oder an eine höhere Macht, „nennen wir es halt Gott“. Wenn sie Wasser von der Heiligen Kammer trinkt, beutelt es sie gehörig, wie es den Teufel nach Genuss von Weihwasser beuteln würde. Hinreißend die Szenen mit der großen alten Dame. Am Ende des 2011 entstandenen Films besucht David seine Omi im Krankenhaus. Hoffentlich geht es ihr wieder gut.

HOLY WATERS hat heute Freitag (27.4.) um 18.30 Uhr in „Das Kino“ Premiere. Der Salzburger Regisseur David Gross ist zu Gast. Gestern Donnerstag (26.4.) hatte die Dokumentation ihre Österreich-Premiere beim Filmfestival CROSSING EUROPE in Linz - www.daskino.at; www.crossingeurope.at
Bild: Schaller Film- und Fernsehgärtnerei (2); www.crossingeurope.at (1)

 

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