Ein Spielberg-Königreich für ein Pferd
IM KINO / THE WAR HORSE
22/02/12 Ein neuer Steven Spielberg Film. Es gab eine Zeit da hat dies noch wirklich etwas bedeutet. Ein Film den man unbedingt im Kino gesehen haben musste. Ein Großereignis von dem in allen Medien überschwänglich berichtet wurde.
Von Andreas Öttl
Nun, Spielberg zieht zwar immer noch Leute ins Kino und fast automatisch bekam auch sein neuer Film wieder eine Oscar-Nominierung. Doch der Glanz ist ab. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Erfolgsregisseur an Bedeutung verloren hat.
Dies ist einerseits darin begründet dass seine letzten Filme zwar allesamt qualitätsvoll und handwerklich stets gut gemacht waren, jedoch selten wirklich herausragend. Zum anderen – und dies mag noch schwerer wiegen – entspricht Spielbergs naiv-optimistische Weltsicht nicht mehr dem Zeitgeist. Auch sein neuer Film „The War Horse“ ist altmodisch, pathetisch, schamlos sentimental und darüber hinaus unglaubwürdig. Und doch ist sie noch da, diese Spielberg‘sche Form der mit unbändiger Leidenschaft inszenierten Kinowucht, die einen immer noch in den Bann zieht.
Erzählt wird die Freundschaft zwischen einem jungen idealistischen Burschen – eine typische Spielberg Figur – und einem ganz besonderem Pferd. Entgegen aller Erwartungen schafft der Junge es, das temperamentvolle Ross zum Arbeitstier zu erziehen, und gewinnt dabei das Vertrauen des Tiers. Als der erste Weltkrieg ausbricht, verkauft sein Vater das Pferd und die Wege der beiden trennen sich. Das Pferd übersteht in der Folge zahlreiche Kriegsabenteuer ehe es wieder zu seinem Besitzer zurückkehren darf.
Am besten funktioniert der Film im ersten Teil der Geschichte, der auch mit wunderbaren Landschaftsaufnahmen aufwarten kann. Sobald die beiden Hauptfiguren getrennt sind, fehlt nicht nur die emotionale Bindung zwischen den beiden, sondern auch jene zum Publikum. Die Kriegszenen sind vergleichsweise belanglos und – obgleich technisch perfekt gemacht – wenig spannend. Die Schrecken des Krieges werden, im Gegensatz zu Spielbergs bisherigen Kriegsfilmen, weitgehend ausgeblendet. Doch der Film stellt ohnehin keinen Authentizitätsanspruch und ist vielmehr als Fabel zu sehen. Im Mittelpunkt steht das Schicksal des Pferdes, das geduldig verschiedenste Besitzer und viele Qualen über sich ergehen lässt. Ebenso wie der Esel in Robert Bresson’s „Au Hazard Balthazar“ kann es als eine erlösende Figur gesehen werden, die für die Sünden der Menschen einsteht. So weit, so offensichtlich. Viel mehr kann man in diesen bewusst simpel gestrickten Film nicht hinein interpretieren.
Wenn am Ende die Familie – im typischsten aller Spielberg-Motive – wieder vereint ist, dann leuchtet der Himmel im Kino so tiefrot wie zuletzt bei „Vom Winde verweht“. Man kann dies ernst nehmen und als sentimentalen Kitsch abtun. Man kann dies aber auch als Hommage des nostalgischen Regisseurs Spielbergs an die große Tradition des amerikanischen Leinwandepos sehen. Eine Tradition, der er längst auch angehört und in die sich auch sein neuer Film nahtlos einreiht.