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Der Tod und das Leben

NEU IM KINO / ATMEN

29/09/11 Hat jeder gute Schauspieler auch das Zeug zu einem guten Regisseur? Karl Markovics hat für seinen Film „Atmen“ sehr überzeugend die Seiten gewechselt.

Von Andreas Öttl

In der Filmgeschichte gibt es zahlreiche Beispiele von Regie-Versuchen anerkannter Schauspieler aus denen lediglich Akte der Selbstbeweihräucherung wurden. Auch wenn die Stars ihr übergroßes Ego zurücknahmen und auf ihren Auftritt vor der Kamera verzichteten, entstanden bei diesen Ausflügen ins Regiefach nur selten eigenständige künstlerische Werke. Meisterwerke wie „Die Nacht des Jägers“, der einzige Film bei dem Schauspiellegende Charles Laughton Regie führte, sind ohnehin Ausnahmeerscheinungen.

Nun, Karl Markovics ist zwar nicht Charles Laughton, aber er liefert mit seinem unaufdringlichen Film „Atmen“ dennoch ein sehr überzeugendes Regiedebüt ab. Auch wenn die Einflüsse der jüngeren österreichischen Filmgeschichte und auch des britischen „Social Realism“-Genres deutlich spürbar sind, so muss er sich mit seinem Film vor den etablierten Regisseuren definitiv nicht verstecken. Und im Gegensatz zu den Vorbildern gibt es auch eine (wenn auch wohldosierte) Portion morbiden Humors.

An einen Debütfilm erinnert der souverän inszenierte Film in keinster Weise. Maßgeblichen Anteil daran hat Kamermann Martin Gschlacht, der wie schon zuvor bei „Revanche“ und „Women without Men“ dem Film seinen Stempel aufdrückt und seinen weniger erfahrenen Regisseur unterstützt. Seine großartigen Kompositionen tragen viel zur Atmosphäre bei. Es wird ohnehin mehr in Bildern als in Worten erzählt. Diese oft symbolträchtigen Einstellungen sind nie Selbstzweck, sondern stets der Geschichte untergeordnet.

Das von Markovics selbst verfasste Drehbuch überzeugt ebenfalls. Ein jugendlicher, im Waisenhaus aufgewachsener Straftäter nimmt nach seiner Haftentlassung eine Stelle bei einem Bestattungsunternehmen an. In seiner Lethargie ist er zunächst nicht viel mehr als ein Toter unter den Toten, bis er bei seiner Arbeit eine Entdeckung macht, die ihn dazu bringt, nach seiner Mutter zu suchen. Doch es scheint niemand zu geben, der sich ernsthaft für ihn interessiert. Dass wieder einmal die äußeren Umstände als Begründung für eine Gewalttat herhalten müssen, mag zwar dem gängigen Klischeebild entsprechen, dennoch bleibt die Geschichte – nicht zuletzt aufgrund der Aussparung gewalttätiger oder allzu emotionaler Szenen – stets glaubhaft.

Auch bei der Besetzung bewies Markovics Gespür, wohl vor allem aufgrund seiner eigenen Erfahrung als Schauspieler. Der 17jährige Laiendarsteller Thomas Schubert (in Cannes als bester Darsteller gewürdigt) ist großartig und vermittelt überzeugend eine latente Gewaltbereitschaft unter den untedrückten Gefühlen seiner Figur. Man hat Mitleid mit ihm und zugleich fürchtet man sich vor einem möglichen erneuten Ausbruch aufgestauter Aggressionen. Auch die Nebenrollen sind gut besetzt, Georg Friedrich etwa überzeugt auch in der x-ten Variation seiner gewohnten Rolle.

Der bisher in Cannes und Sarajevo ausgezeichnete Film ist vor allem deshalb so gelungen, weil sein Regisseur genau dies tut, was Schauspieler (und auch so manche Regiekollegen) normalerweise nicht machen: Er stellt sich selbst nicht in den Mittelpunkt.

Heute, Donnerstag (29.9.) sind um 20 Uhr Karl Markovics und einige Darsteller zu Gast bei der Salzburg-Premiere des Films im „Das Kino“. - www.daskino.at
Bilder: atmen-derfilm.at

 

 

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