asdf
 

Zwischen antikem Rom und Big Apple

FILMKRITIK / MEGALOPOLIS

11/10/24 An einer Utopie zu scheitern ist besser, als gar keine Utopien mehr zu entwickeln. So verhält es sich auch mit dem neuen Film von Francis Ford Coppola, Regisseur solch legendärer Filmklassiker wie Der Pate und Apocalypse Now. Aber auch mindestens ebenso vieler Flops.

Seit den 1980er Jahren habe er mit zahlreichen Unterbrechungen an seinem Traumprojekt Megalopolis gearbeitet, heißt es. Letztendlich habe er es nur mit dem Einsatz seines persönlichen Vermögens verwirklichen können. Warum kein Hollywood-Studio diesen Film finanzieren hat wollen, verwundert beim Betrachten des fertigen Films nicht. Coppolas extravaganter Monumentalfilm, der in einem alternativen retro-futuristischen Amerika spielt, verliert sich in kolossalen (überwiegend computergenerierten) Schauplätzen und philosophischen Exkursen, wirkt jedoch in der modernen Kinolandschaft wie ein Fremdkörper. Der Film schafft es weder, den Zuseher emotional anzuziehen noch auf einer intellektuellen Ebene ernsthaft zu stimulieren.

Dabei klingt die Idee auf dem Papier durchaus spannend. Die Stadt New Rome – eine Art Mischung des antiken Rom und des modernen New York – muss sich verändern, was zu Konflikten zwischen dem genialen Künstler Cesar Catilina (Adam Driver), und seinem Widersacher, dem Bürgermeister Franklyn Cicero (Giancarlo Esposito) führt. Während der eine den Sprung in eine utopische, idealistische Zukunft wagt, hält der andere an einem rückwärtsgewandten Status quo fest, der von Gier, Partikularinteressen und Partisanenkriegen geprägt ist. Dazwischen steht Julia Cicero (Nathalie Emmanuel), die Tochter des Bürgermeisters, deren Liebe zu Cesar ihre Loyalität entzweit hat und sie dazu zwingt, herauszufinden, was die Menschheit ihrer Meinung nach wirklich verdient.

Die Geste eines Regisseurs zählt oftmals viel mehr als das Endergebnis. Wenn man als Rezipient eines Werkes spürt, dass ein Künstler aufrichtig ist und etwas zu sagen hat, ist dies viel mehr wert als ein glattgebügeltes Produkt vor sich zu haben, dass perfekt auf der Klaviatur der Unterhaltungsindustrie spielt. Diese Geste ist bis zu einem gewissen Grad auch bei Megalopolis erkennbar und hebt den Film zumindest von konventioneller Multiplex-Kost und dramaturgisch weitaus befriedigenderen Hochglanzfilmen ab. Dennoch kann dies in diesem Fall nicht darüber hinwegtäuschen, dass Coppola mit seinen Vorhaben – etwa einer Kritik an der zunehmenden Weltuntergangsstimmung der westlichen Welt sowie der Egozentrik der Eliten – spektakulär scheitert. Vor allem, da es ihm nicht gelingt, seine Vision einer Stadt der Zukunft und eines neuen, egalitären Zusammenlebens der Menschen im Einklang mit der Natur authentisch zu vermitteln und erstrebenswert darzustellen.

Der Film wirkt schwermütig, künstlich und abgehoben, die Charaktere bleiben seelenlos, die Schauspieler entsprechend blass. Und auch im Kontext der Entstehungsgeschichte des Films stellt sich die Frage: ist dieser opulente, überladene Film, den Coppola mit weit über 100 Millionen Dollar aus dem teilweisen Verkauf seines Wein-Imperiums in Napa Valley finanziert hat, nicht vielmehr ein Sinnbild der Dekadenz der westlichen Welt und konkret auch der Superreichen als die von Coppola intendierte Kritik daran? Dagegen spricht sein idealistischer Glaube an die Menschheit, von dem die 85jährige Regielegende in Interviews spricht und der einen – im Gegensatz zum Film, wo dieser nur selten spürbar wird – tatsächlich noch von einer besseren Welt und einem besseren Kino träumen lässt.

Bilder: Constantin Film

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014