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Road-Tripp ins Tragikomische

FILMKRITIK / ANDREA LÄSST SICH SCHEIDEN

26/02/24 Der Berlinale Hauptpreis ging für den Dokumentarfilm Dahomey an Mati Diop. Der österreichische Beitrag Des Teufels Bad bekam einen Preis für die Beste Kamera. Andrea lässt sich scheiden, von und mit Josef Hader, feierte in der Nebenschiene Panorama seine Weltpremiere und nur wenige Tage später Salzburg-Premiere in Anwesenheit von Josef Hader und Birgit Minichmayr.

Von Andreas Öttl

Josef Hader ist einer der wenigen Filmemacher hierzulande (Adrian Goiginger ist auch dazu zu zählen), der mit kleinen lokalen Geschichten den Spagat schafft zwischen Präsenz auf prestigeträchtigen internationalen Festivals und Publikumsgunst bzw. zwischen Kunst- und Kommerzkino. Und dies ist erfreulich, denn zu oft werden Filme bereits vorab in vorbestimmte Kategorien eingeteilt, aus denen sie dann nicht mehr ausbrechen können. Zu solchen Vorurteilen passt es gut, dass die Geschichte von Andrea lässt sich scheiden sich auch gut für einen Fernsehkrimi eignen würde: Andrea (Birgit Minichmayr), eine Polizistin auf dem Land, will sich scheiden lassen. Nach einer Geburtstagsfeier läuft ihr Noch-Ehemann (Thomas Stipsits) betrunken vor ihr Auto und stirbt. Andrea begeht zuerst im Schock Fahrerflucht, dann kehrt sie zur Unfallstelle zurück. Aber inzwischen gibt es einen anderen Schuldigen: Franz (Josef Hader), ein abgehalfterter Lehrer, hat das Opfer ein zweites Mal überrollt, hält sich für den Täter und wird auch von allen anderen dafürgehalten.

Andrea lässt sich scheiden ist nur auf den ersten Blick der erwartbare Film, der sich in die aus den Kabarett-Klassikern wie Indien entstandene österreichische Komödien-Tradition einreiht und die Josef Hader als Schauspieler maßgeblich mitgeprägt hat. Freilich gibt es auch hier allerhand skurrile Situationen und der bitterböse Humor nährt sich immer auch aus der Tragik. Doch bei genauerer Betrachtung ist der Film weder Krimi noch Komödie und ebenso wenig ein konventionelles Drama. Vielmehr geht es Josef Hader um ein Portrait der Landbevölkerung.

Dass die Schauplätze des Films sogenannte strukturschwache Regionen in Niederösterreich sind, ist dabei kein Zufall und das Szenenbild von Christoph Kanter unterstreicht dies noch. Eine zusätzliche Ebene wird in manchen Kameraeinstellungen deutlich, die an jene aus amerikanischen Filmen, die ebenfalls im tiefsten Nirgendwo spielen, angelehnt sind. Der Film schlägt hier die Brücke zwischen der nur durch viel Alkohol zu ertragenden Perspektivlosigkeit in der österreichischen Provinz und der Frustration der von der Politik vergessenen Menschen in den Trump-Staaten im amerikanischen mittleren Westen. Dass die Hauptdarstellerin, die als einzige dieser Welt entfliehen will, in einer Szene ein „New York City“ T-Shirt trägt ist daher auch kein Zufall. Der Film unterstreicht damit, dass die Provinz nichts Regionales ist, wie Josef Hader in Interviews auch betont. Konsequenterweise wäre Josef Hader dann auch bei seinem ursprünglichen Filmtitel St. Pölten geblieben und tatsächlich hat die „unnötigste Landeshauptstadt Österreichs“ (Dirk Stermann) eine wichtige Rolle im Film. Im Publikumsgespräch am Freitag (23.2.) im Mozartkino hat er dazu erzählt, dass der Titel Andrea lässt sich scheiden gewählt wurde, um die Chancen für die Auswertung am deutschen Markt zu erhöhen.

Es ist nachvollziehbar, warum dieser von viel Lokalkolorit geprägte Film ins Berlinale-Programm aufgenommen wurde. Die politische Agenda ist aber dennoch nicht im Vordergrund in diesem genau beobachtenden Film, der vor allem von seinen wunderbaren Figuren und den Schauspielern lebt. Wie Birgit Minichmayr im Publikumsgespräch preisgegeben hat, gewährte der Regisseur Josef Hader seinen Darstellern dabei viel Freiraum und viele der besten komödiantischen Szenen entstanden durch Improvisationen. Das Salzburger Premierenpublikum war jedenfalls sichtlich begeistert vom Film und es ist davon auszugehen, dass Josef Hader zumindest hierzulande damit einen weiteren großen Publikumserfolg feiern wird.

In Salzburg diese Woche zu sehen im Mozartkino – www.mozartkino.at – und in Das Kino – www.daskino.at
Bilder: Filmladen 

 

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