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Kochen mit Seele

SOUL KITCHEN

24/12/09 Reden wir in diesen Tagen doch ruhig auch von Multi-Kulti! Zum Beispiel vom griechischen Restaurantbesitzer Zinos im Hamburger Spekulanten-Banlieu Wilhelmsburg und seinem liebenswerten Überlebenskampf.

Von Reinhard Kriechbaum

Manchmal kommt ja wirklich ein bisserl viel auf einmal zusammen: Die Freundin macht als Journalistin Karriere und landet auf dem Außenposten Shanghai. Da bleibt nur noch der Live-Chat mit Video-Cam auf dem Laptop. Turnt nicht wirklich an. Die Steuerfahndung ist auch hinter dem griechischen Restaurantbesitzer Zinos her. Außerdem bekommt der Bruder Freigang aus dem Knast und will Angestellter werden. Pro forma, ohne echte Arbeit, versteht sich. Ach ja, und dann ist da noch der Bandscheibenvorfall. So muss Zinos sich nach einem Koch umsehen. Das Küchen-Temperamentsbündel Shayn wetzt schon das scharfe Messer. Shayn ist einer mit sehr konkreten Vorstellungen von gutem Essen. Die bisher im aufliegende Speisekarte lässt ihm die Galle übergehen: "Die Leute haben Löcher im Bauch, und die füllen sie mit Dreck."

Beim Restaurantnamen "Soul Kitchen" dachte Zinos ja eigentlich eher an Jazz. Der neue Koch deutet die Sache um in "Essen für die Seele". Vorerst sieht es aber ganz danach aus, als ob die Stammgäste, allesamt geeichte Frikadellen-Kulinariker, mit der mediterranen Couisine sich nicht recht anfreunden möchten. Jedenfalls sind flugs auch noch die letzten Gäste weg.

"Ich fühle mich ganz wohl hier. Ich kenne hier jede Abkürzung, ich kenn' die Kinos, die Türsteher, ich weiß, welcher Arzt gut ist, wo ich das beste Gemüse bekomme. Warum soll ich in eine andere Stadt ziehen?" - Das hat Fatih Akin amerikanischen Kollegen geantwortet, die ihn gefragt haben, warum er nicht nach New York übersiedle. Diese Erdgebundenheit kommt auch an dieser hinreißenden Liebeserklärung an Hamburg und seine jungen, multikulturellen Bewohner heraus. Warum nicht etwas machen aus der ruinösen Vorstadt-Fabrikhalle, bevor die Grundstücks-Haie zuschlagen? Genau das macht Zinos im Film mit wechselndem Glück.

Auf dem Teller: die Kulinarik des mediterranen Raums. Auf der Leinwand: die Botschaft, dass Leben einfach gut laufen kann, auch wenn's nicht so gut läuft. Und vor allem: dass man nicht dauernd über Ethnien und Diskriminierung nachdenken sollte, dafür über Lebenslust. Die Spannungen kommen durchs humoristische Hintertürl. Dass der Regisseur den Griechen Zinos ausgrechnet zu einem türkischen Chiropraktiker (Spitzname: "Der Knochenbrecher") schickt, das hat echt Witz. Und wie die Finanzbeamtin anspringt auf das in Überdosis ins Essen gemischte Aphrodisiakum ...

Ziemlich authentisch übrigens: Adam Bousdoukos, der Hauptdarsteller, hat selbt am Drehbuch mitgeschrieben und er ist selbst Vorbild für die Figur, die er spielt. Schließlich hat er, wie man hört, neben seiner Schauspielerkarriere als Gastronom eine erstklassige Performance hingelegt, seit er vor zehn
Jahren eine griechische Taverne in Hamburg-Ottensen übernahm.

Birol Ünel spielt den Shayn (man hat diesen charismatischen Schauspieler schon in Fatih Akins "Gegen die Wand" gesehen). Auch Moritz Bleibtreu (der Knastbruder Illias) gehört zum engen Akin'schen Darstellerpersonal. Anna Bederke (als Kellnerin in "Soul Kitchen") ist ein interessantes unverbrauchtes Gesicht, und auch Pheline Roggan als Zinos Freundin Nadine entpuppt sich als ein sehr eigener Charakter und wertet die Nebenrolle auf.

"Soul Kitchen": Das ist eine jener (raren) Geschichten, in denen heutige Lebens-Realität mit leichtem Handgelenk beschrieben wird - wachen Sinnes, immer mit ironischen Seitenblicken. Aber eben so ganz ohne den Ehrgeiz, Gesellschafts- oder Zeitgeist-Kritik transportieren zu wollen. Ein "frecher, schmutziger Heimatfilm", heißt es im PR-Material, und das ist nicht zuviel versprochen: Heimat ist eben dort, wo sogar die Großstadt zum Dorf wird. Und die Lagerhalle zum Szene-Treff.

 

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