asdf
 

Andere Welten, „aber alles ist Jazz“

IM PORTRÄT / TINA HEINE

04/03/16 Sie ist eine erfahrene Gastronomin und hat Erfahrung als Leiterin eines über die Grenzen wahrgenommenen Jazzfestivals. Das prädestiniert Tina Heine wohl als Leiterin von „Jazz & The City“. Sie ist die Nachfolgerin des im Vorjahr überraschend gestorbenen Gerhard Eder.

Die Hamburgerin wuchs mit Jazz auf und jobbte schon als Teenager bei Jazzkonzerten. In ihrer eigenen „Hadley`s Bar“ initiierte Tina Heine schließlich 2009 das Elbjazz Festival in Hamburg. Sechs Jahre lang war sie dessen Geschäftsführerin und künstlerische Leiterin „So unterschiedlich die Städte auch sind, was die örtlichen Beschaffenheiten und die Strukturen anbelangt, ist der Ansatz, den Jazz & the City in den letzten Jahren verfolgt hat, durchaus vergleichbar mit dem, was wir bei Elbjazz gemacht haben: Raus aus den klassischen Konzertsälen zu gehen, unterschiedliche Spielstätten zu etablieren und zu versuchen, ein anderes Publikum anzusprechen als die typischen Jazzhörer.“

Inga Horny, die Geschäftsführerin des Altstadt Verbands, der Jazz & The City ausrichtet: „Ich beobachte Elbjazz schon seit längerer Zeit und es hat mich sehr beeindruckt, wie schnell sich das Festival zu einer wahrnehmbaren Größe in Europa entwickelt hat.“ Sie hält Tina Heines Art zu programmieren für „sehr wesensverwandt zu uns“.

In Deutschland sei das Bild des Jazz „ein wenig angestauibt“, befindet Tina Heine. „Ich schätze mal, das ist in Österreich nicht unähnlich.“ Die Jazzfans seien, so heiße es, „eher ältere Leute, die sehr gebildet sind und genau wissen, wie Jazz klingen muss. Ernst und verkopft.“ Doch genau so erlebe sie selbst diese Musik eben gar nicht: „Ganz im Gegenteil: Der zeitgenössische Jazz ist extrem aufgeschlossen, experimentierfreudig und jung.“

Wie ans Publikum herankommen? „Auf ein Plakat einen Namen drauf zu schreiben, den kaum einer kennt? Da kommt wahrscheinlich keiner“, argwöhnt Tina Heine. „Unsere Idee in Hamburg war damals – und in Salzburg hat man das ganz ähnlich gemacht – die Leute erst Mal dorthin zu locken, wo sie ohnedies gerne sind und die Geschichte einfach anders zu erzählen, auch mit einer anderen Bildersprache.“ Ihre Strategie geht in Richtung Vernetzung: „Wer gerne ins Thalia Theater geht, geht vielleicht auch gerne zu Jazzkonzerten, weiß es nur noch nicht.“ Gerade durch solche Allianzen sei „unheimlich viel zu schaffen: indem man nicht mehr für sich selber kämpft, sondern sich gegenseitig bewirbt und fördert“.

Inhaltliche Einschränkungen sieht sie nicht so gerne, viel lieber stilistische Offenheit: „Die unterschiedlichen Ansätze bringen uns weiter. Dass ich mich auf ein und demselben Festival von einer Mainstream-Veranstaltung auf der Hauptbühne zu einem brachialen Freejazz-Konzert auf einer Nebenbühne hanteln kann, ist ja eine große Qualität. Ich bin plötzlich in einer anderen Welt, aber beides ist Jazz. Das ist doch großartig. Wo sonst kann ich so eine Bandbreite erleben?“

Die Musiker, das Freie, das Innovative, das reizt Tina Heine am Jazz. „In meiner Bar, die ich seit zwanzig Jahren betreibe und in der üblicherweise kein unbedingtes Jazzpublikum zu Gast ist, habe ich irgendwann begonnen, montags Jazz zu veranstalten“, plaudert sie aus dem Nähkästchen. Da habe sie „schnell gemerkt, dass, wenn man es schafft das Publikum dorthin zu bekommen, auch der Funke überspringt“. Ihre Hamburger Bar sei ein „atmosphärisch schöner Ort, wo man sich gerade deshalb auch auf Musik einließ, die schräger war. Wenn das Drumherum stimmt, lässt man sich auch gerne auf Komplexeres ein. Da stimmen die Bedingungen auch in Salzburg.“

Ihr Verhältnis zur Kunst ist ein offen demokratisches: „Ein neues Publikum erreicht man nicht, indem man der Musik die Kanten abschneidet. Die Musik erklärt man nur, indem man sie in ihrer Gänze präsentiert. Das Publikum kann das. Zu glauben, man muss eine bestimmte Vorbildung haben, um sich komplexer Musik stellen zu können, finde ich überheblich.“ Es gehe darum, für die Musik eine Aura zu schaffen, in der man ihr „unbefangen begegnen kann und die Angespanntheit verloren geht“. (Altstadtverband/dpk-krie)

Jazz & The City Salzburg: 19.-23. Oktober 2016 in der Salzburger Altstadt - www.salzburgjazz.com; www.king-zulu.at
Bilder: Altstadtverband / wildteam

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014