Ein Liebesverhältnis zum „nouveau cirque“
TODESFALL / GEORG DAXNER
13/10/14 Solche wie ihn muss man in der Kulturszene mit der Lupe suchen: Menschen, die für eine Sache, für eine künstlerische Ausdrucksform mit Leidenschaft brennen, ohne dass sie dies mit persönlicher Eitelkeit verbinden. Georg Daxner ist am Samstag (11.10.) auf dem Untersberg tödlich verunglückt.
Von Reinhard Kriechbaum
Das Winterfest: Es war die genuine Idee von Georg Daxner. Als Betreiber einer Zeltverleih-Firma hatte er dafür zwar quasi die Infrastruktur im Haus. Aber der Nouveau cirque war für ihn entschieden mehr als eine Geschäftsidee, und der Zeltverleih eher Vehikel für das, wofür sein Herz schlug: „Georg Daxner und der Nouveau Cirque – ein Liebesverhältnis“ schrieb DrehPunktKultur in einem Porträt über ihn.
Georg Daxner war in Baden bei Wien aufgewachsen, seit 1981 lebte er mit seiner Familie in Salzburg. Hier fing er als Kulturmanager im Kulturgelände Nonntal an, wo er bald für das Programm verantwortlich war. Als eines seiner ersten Engagements lud er die Gruppe Zirkustheater Federlos nach Salzburg – und da fing er Feuer.
Sich wohlig einzurichten, das war Georg Daxner so fremd wie nur. „Das Nomadische des Zirkus, das Aus-dem-Boden-Stampfen der Infrastruktur, jedes Mal aufs Neue, die ständige Veränderung“: Das hat Georg Daxner am Zirkus fasziniert. Wer so denkt, der kann loslassen. Den schreckt es nicht, vermeintliche Sicherheiten hinter sich zu lassen. Und so hat er, der seit 1993 einen Zeltverleih betrieb, einfach die Zirkuszelte abgebrochen. Mit Frau und Kind ist er damals in die Schweiz übersiedelt. Dort arbeitete er eben beim Zirkustheater Federlos.
2001 war Georg Daxner wieder in Salzburg: Seine neuen Zelte waren jene des Winterfests, das in diesem Jahr zum ersten Mal stattfand. Ein zugeschneites Auto hatte Daxner gesehen an einem Wintertag im Volksgarten. Und der war eben, wie Daxner nicht müde wurde zu betonen, einst tatsächlich ein „Volksgarten“: ein Ort der Kommunikation, der Freizeiterlebens. Dieses zugeschneite Auto brachte ihn, den damals einsamen Radfahrer, auf die Idee, aus dem Ort etwas zu machen. Unterdessen ist das Winterfest zum drittgrößten Kulturevent Salzburgs geworden, mit 25.000 Besuchern jährlich.
Mit Beharrlichkeit haben Georg Daxner und seine Frau Evelyn – auch sie hochgradig infiziert vom Circus-Virus – an der Realisierung und Weiterführung gearbeitet. Natürlich gab es da auch Tiefschläge finanzieller Natur. Aber mit seiner ansteckenden Leidenschaft hat Georg Daxner es verstanden, sich eigentlich überall Freunde zu schaffen. Die Strategie, mit der Wirtschaft zusammen zu arbeiten, über die gastronomische Schiene das Winterfest zu einem Ort von vorweihnachtlichen Feiern zu machen, ist er gut gefahren.
Ihm schwebte der Volksgarten freilich immer als eine Art künstlerischer Ganzjahresbetrieb vor. Gerade deshalb war das Spiegelzelt, ein belgisches Danspalais aus dem Jahr 1908, für ihn ein Favorit im Winterfest-Portfolio. Die Langzeitbespielung des Volksgarten war eine Utopie, die er ebenso wenig umsetzen konnte wie seinen großen Traum von einer Salzburger Circusschule, der zuletzt sein voller Einsatz galt. So, wie sie ihm vorschwebte, als ein Lern-Ort, an dem sich Theatermagie und circensische Kunst auf professioneller Ebene begegnen, wäre das die erste ihrer Art in Österreich geworden.
Man hätte dem 54jährigen die Umsetzung dieses Plans durchaus zutrauen können, denn er war ein Kultur-Ermöglicher aus ganzer Kraft: „Kunst stimmt für mich, wenn sie langfristig berührt, wenn sie beglückt, traurig macht oder bestürzt. Denn Kunst ist, was bleibt.“
Dass das Winterfest weiter besteht, kann man nur hoffen. Einse spontane Willenserklärung gab es heute Montag (13.10.) von Landesrat Heinrich Schellhorn, und gegenüber dem ORF versicherte auch Bürgermeister Schaden sein Bemühen, das Festival zu erhalten: „Ich habe am Sonntag zusammen mit Helmut Hüttinger Georg Daxners Frau die Zusage gegeben, dass die Stadt natürlich für dieses Winterfest, das jetzt ansteht, voll zur Verfügung steht.“
Kann es darüber hinaus weitergehen? Niemand wird so ohne weiteres in Georg Daxners Fußabdrücke steigen können. Das betonte, ebenfalls gegenüber dem ORF, auch der Obmann des Vereins Winterfest, Reinhard Tritscher: „Es wird niemanden geben, der diese Leidenschaft, dieses Wissen, diese Vernetzung, diese persönlichen Kontakte einfach übernehmen kann. Dieses Winterfest ist so sehr an die Person Georg Daxner gebunden, dass es schwierig sein wird, das fortzusetzen.“