Schwarze Fahne am Festspielhaus
TODESFALL / SENA JURINAC
23/11/11 „Die Festspiele verdanken Sena Jurinac Sternstunden, für die sie von Publikum und Presse gleichermaßen gefeiert wurde“, so Helga Rabl-Stadler über die Sängerin, die in Augsburg verstorben ist. Vor einem Monat war sie neunzig geworden.
1947 trat Sena Jurinac das erste Mal bei den Festspielen als „Dorabella“ in Così fan tutte auf und wurde sofort zum Publikumsliebling. Im darauffolgenden Sommer feierte sie als Herbert von Karajans „Cherubin“ in Le nozze di Figaro und „Eros“ in Orpheus und Euridyke wahre Triumphe. „Göttlich in Erscheinung, Ausdruck, Musikalität ist Sena Jurinac als Eros“ überschlug sich etwa die „Wiener Zeitung“ in ihrem Premierenbericht.
Sena Jurinac wurde 1921 in Travnik (Bosnien) als Tochter eines Arztes geboren, ihre Mutter war Wienerin. Karl Böhm hat Sena Jurinac 1944 an die Staatsoper engagiert, zuvor hatte sie zwei Jahre an der Zagreber Oper gesungen. Sena Jurinac gehörte zu den stützenden Kräften im legendären Wiener Mozart-Ensemble.
Bei den Festspielen war Sena Jurinac über Jahrzehnte eine Maßstab setzende Persönlichkeit im Mozart- und Richard-Strauss-Fach. So urteilte Max Kaindl-Hönig in den Salzburger Nachrichten über ihre Darstellung des „Octavian“ im Rosenkavalier (im Bild) zur triumphalen Eröffnung des neuen Großen Festspielhauses unter Herbert von Karajan: „Sena Jurinac als Quinquin gab wohl die beste Figur der ganzen Besetzung ab. Sie war es wahrhaft fähig, ‚ein junger Herr…’ zu sein und lieh dennoch in Spiel und lyrischer Gestaltung auch dem ephebenhaften Zartsinn dieser Rolle den Zauber natürlichsten Ausdrucks.“
Helga Rabl-Stadler: „Ich freue mich besonders, dass ich Sena Jurinac anlässlich ihres 90. Geburtstags letzten Monat noch zur Festspielpremiere von Ariadne auf Naxos 2012 eingeladen habe, war doch ihr Auftritt als „Komponist“ in dieser Oper 1964 unvergesslich.“ Damals konnte man im „Münchner Merkur“ lesen: „Verbleibt das eigentliche Trumpf-As des Abends: Sena Jurinacs Komponist. Die Leidenschaft dieses Sturm-und-Drang-Jünglings entzündete sie vom ersten Takt an, sie steigerte sich zu den großen Ausbrüchen dank einer Stimme, die Wohllaut mit Größe, Schwärmen mit Temperament verbinden kann. Dieser Komponist hat derzeit nicht seinesgleichen und lohnt allein die Fahrt nach Salzburg.“
Noch Anfang der achtziger Jahre trat Sena Jurinac in Wien als Marschallin und als Küsterin in „Jenufa“ auf. Sie war auch als Lied- und Oratoriensängerin gefragt. (PSF / dpk-krie)