Seine Bilanz zum Abschied
IM PORTRÄT / THORSTEN SADOWSKY
24/08/22 Das Therma Fotomuseum schneidet Thorsten Sadowsky, der scheidende Leiter des Museums der Moderne nur am Rande an. Diese Diskussion sei „andauernd und immerwährend“. Ihm waren in seiner Direktionszeit seit 2018 andere Themen wichtig, etwa der Blickwinkel auf den Globalen Süden und jener aus diesem heraus.
Von Reinhard Kriechbaum
Er schaue zurück auf eine Direktionszeit, die „kürzer wurde, als von mir erwartet“, aber der Norden (wo Sadowsky auch herkommt und die meisten beruflichen Stationen hatte) ruft: Ab Oktober wird er die Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf leiten. Für ihn „einmal noch in meiner Berufskarriere“ eine spannende Herausforderung, das „Resetting eines Museums“.
Thorsten Sadowsky ist keiner, der sein Licht unter den Schemel stellt. So hat er in einem Pressegespräch heute Mittwoch (24.8.) die Bilanz seiner vierjährigen Direktionszeit vorgelegt. Es verwundert nicht, dass er, der auch studierter Ethnologe ist, ein besonderes Sensorium für den postkolonialen Perspektivenwechsel hat. Es gelte, „die Nachwirkungen des Kolonialismus, die immer noch unser Leben bestimmen, in den Blick zu nehmen“.
Auf die Sommerausstellung von Yinka Shonibare im Sommer 2021 ist er besonders stolz. Aber auch auf die Schau This World Is White No Longer von Danica Dakic (Herbst 2021) weist er in diesem Zusammenhang hin. Dass er das Augenmerk auf den Globalen Süden nicht erfunden hat, sondern das Thema „in der Luft liegt“, betonte er mehrmals in dem Pressegespräch. Sadowsky hofft auf weitere Ausstellungen in diese Richtung auch in Zukunft – aber daran kann heutzutage ohnedies kein Kulturmensch mehr vorbei.
Wichtig war Sadowsky auch die Ausarbeitung eines Leitbildes für das Museum der Moderne. Dieses wird man nach seiner Vorstellung zwar immer wieder überprüfen müssen, aber es soll – so hofft er – über seine Direktionszeit hinaus Gültigkeit haben. Da ist vom MdM als einem „dynamischen Forum in der Mitte Europas mit internationaler Strahlkraft und Bedeutung“ die Rede, vom interdisziplinären Dialog und vom Bekenntnis „zu einer diversen und inklusiven Gesellschaft“. Damit, so Thorsten Sadowsky, sei „mehr als der Gender-Gap“ gemeint. Es gehe um die Spiegelung der Gesellschaft in ihrer Vielfalt. Das Abbauen von Barrieren, sprich der Ausbau der Museumspädagogik war ihm wichtig.
Die beiden Häuser, das Museum auf dem Mönchsberg und das jüngst „aufgefrischte“ Rupertinum in der Stadt, sieht der scheidende Direktor für die nächste Zeit „beim Team in guten Händen, denn Museumsarbeit ist Teamarbeit“. Zu den bisherigen 44 Ausstellungen kommen noch neun bis Jahresende, die er ebenso in die Wege geleitet hat, so wie weitere dreizehn Ausstellungen im Jahr 2023. Die Handschrift Sadowsky reicht also weiter.
Eine neue Direktorin oder ein neuer Direktor fürs MdM ist ja unmittelbar nicht in Sicht. Die Ausschreibung läuft noch bis 4. September, dann muss eine Findungskommission ran. Wenn die Auswahl also mit rechten Dingen zugeht, wird die Nachfolge so schnell nicht entschieden sein. Eilig hatte man es nicht seitens der Ausschreiber, Sadowskys Weggehen ist ja seit März bekannt.
Die letzten Jahre waren logischerweise keine, nach denen man mit berauschenden Besucherzahlen auftrumpfen kann. 2019 kamen 102.000 Leute ins Museum der Moderne, dan kamen die kugelrunden Viren und die Zahlen sanken auf 41.000 (2020) und 52.000 (2021). Für 2022 hält man mit vorgestrigem Tag bei 49.430 Besucherinnen und Besuchern. Die Sache beginnt sich also, so wie anderswo auch, wieder einigermaßen zu konsolidieren.
Worauf Thorsten Sadowsky auch zu sprechen gekommen ist: auf die Neuzugänge – 46 fürs Museum der Moderne, 60 für die Generali Foundation und 455 für die Fotosammlung des Bundes. Dazu läuft ja gerade eine Ausstellung. Die Öffentlichkeit hinter die Strategien und Möglichkeiten der Sammlungerweiterungen blicken zu lassen, ist ihm ebenfalls wichtig gewesen.
www.museumdermoderne.at
Bilder: dpk-krie
Zur Meldung Ein Ruf aus Deutschlands Norden