Den Winter im Mai suchen
IM PORTRÄT / KAREN WEINERT
18/05/22 Auf der Website der Dresdner Fotokünstlerin Karen Weinert entdeckt man das Foto eines kleinen Globus. Das liebevoll auf einer Konsole drapierte kleine Ding hat aber einen Schönheitsfehler: Die Welt steht Kopf.
Vielleicht findet Karen Weinert auch in Salzburg Motive, die an eine verkehrte Welt denken lassen. Sie ist nämlich im Mai AIR-Gastkünstlerin, sie lebt und werkt im Wohnatelier der Stadt Salzburg im Künstlerhaus (hinter dem Kürzel AIR steht artist in residence). Aber sie wird sich wohl nicht nur in der Stadt umschauen, denn die Künstlerin plant an eine Fotoserie anzuknüpfen, die sie bei einem ähnlichen Studienaufenthalt in der Schweiz begonnen hat. Have you seen the mountains heißt dieser Zyklus, der 2006 im Schweizer Engadin entstanden ist.
Vom mondänen Glanz, den man St. Moritz nachsagt, ist nach der Schneeschmelze nichts übrig. Es sind Szenerien, die uns über den Tourismus nachdenken lassen sollen. Eine Seilbahn-Bergstation mit Riesen Video-Screen nimmt sich im Sommer tatsächlich eigenartig aus, nicht weniger eine Pisten-Übersichtstafel, auf der das Thermometer gerade plus 20 Grad anzeigt.
„In einer Region, die besonders für den Wintersport bekannt ist, bleibt der Anblick im Sommer eher trist und wird stark geprägt von Skilift, Lawinenbarrikaden und Gletscherschwund“, so Karen Weinert.
„Die Gletscher gleichen Eisgeröllfeldern, nur die Touristen bilden bunte Punktreihen am Rande derer. Die Schweizer Armee übt für den Ernstfall und die Rettung der nächsten Saison”. Der Mai ist gewiss ein gter Monat, an dem unter dem rapide schmelzenden Weiß auch hierzulande das zutage tritt, was der Schnee in der touristischen Winter-Hauptsaison gnädig zudeckt. Die 1976 geborene Künstlerin hat in Zürich ein Aufbaustudium „Curating“ absolviert und dann in ihrer Heimatstadt Dresden unter anderem „Visuelle Kommunikation (mit Schwerpunkt Fotografie & Ausstellungs- und Grafikdesign)“ studiert und sich zur Fotografin ausbilden lassen. (InfoZ)