Für eine offene und liberale Kulturpolitik
TODESFALL / OTHMAR RAUS
12/10/20 Othmar Raus hatte, als er 2007 vom Amt des Kulturlandsesrat zurücktrat, keine schlechte Nachrede, auch wenn er in dieser Funktion immer ein wenig knöchern wirkte. Man sah irgendwie stets den strengen Finanzreferenten (der er auch in Personalunion war) mit erhobenem Zeigefinger dem Kulturreferenten drohen.
Von Reinhard Kriechbaum
Das war die Außenwirkung. In der Kulturszene schätzten viele an Othmar Raus, dass man mit ihm auch herzhaft hat streiten können über Kulturförderungen und deren Notwendigkeit. Was mit ihm ausgehandelt wurde, vertrat er mit Handschlagsqualität. Nun ist Othmar Raus nach langer schwerer Krankheit gestorben. Er wurde nur 75 Jahre alt.
Der Sozialdemokrat Othmar Raus habe den Aufstieg der freien Salzburger Kulturszene seit Anfang der 1990 Jahre „politisch wohlwollend begleitet und die Kulturaktivisten der diversen Vereine durch Förderungen aus Landesmitteln zur verstärkten Auseinandersetzung mit zeitgenössischem Kulturschaffen ermutigt“, lobte der Dachverband der Salzburger Kulturstätten am Ende der Ära Raus. Neben einer Vielzahl an freien Gruppen konnten sich auch in mehreren Salzburger Bezirken Kulturhäuser mit Ganzjahresbetrieb etablieren. Vom Musikum über das Orchesterhaus, vom Petersbrunnhof (als neues Domizil der ehemaligen Elisabethbühne) bis zum Museum der Moderne – in der Ära von Othmar Raus wurden Weichen gestellt, die langfristig wirk(t)en, weit über seine aktive Zeit hinaus.
Othmar Raus hat sich große Verdienste bei der Verteidigung der Freiheit der Kunst erworben. „Zögerten andere Politikerinnen und Politiker auf Grund der Boulevard-Berichterstattung zumeist, so war er es, der in diversen Fällen die gesetzlich verankerte Freiheit der Kunst souverän zu verteidigen wusste“, hieß es in der Würdigung des Dachverbandes 2007. Sein „unbeirrtes Eintreten für eine offene und liberale Kulturpolitik“ strich auch die damalige Vorsitzende des Landeskulturbeirats, Barbara Wicha, heraus. Othmar Raus habe diese Offenheit „auch dann weiter vertreten, als es rundum nach 'Kulturkampf' zu riechen begann“. Über lange Zeit nämlich – vor allem als Mitte der 1990er-Jahre die Stadt Salzburg mit Bürgermeister Josef Dechant einen rigorosen Sparkurs auf Kosten der zeitgenössischen Kulturszene fuhr, war es Kulturlandesrat Raus, auf dessen förderpolitische Verlässlichkeit die Szene bauen durfte.
Othmar Raus wurde 1945 in Oberösterreich geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in Salzburg. 1974 wurde Othmar Raus zum Vizepräsidenten der Salzburger Arbeiterkammer gewählt, 1979 zog er in den Landtag ein und hatte ab 1982 als Klubvorsitzender auch die Führung der SPÖ-Fraktion inne. Insgesamt diente Othmar Raus dem Bundesland Salzburg 23 Jahre lang (1984-2007) als Landesrat, wobei er ab dem SPÖ-Wahlsieg 2004 auch das Amt als Landeshauptfrau-Stellvertreter ausübte.
„Othmar Raus war ein österreichischer Politiker, der wegen Untreue zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.“ Das ist der erste Satz, auf den man in Wikipedia stößt, wenn man jetzt den Namen des verdienten Landesrats googelt. Der Finanzskandal stand da dahinter. Die schlechte Nachrede hat Raus – zumindest als Kulturpolitiker – nicht verdient.