Eichmeter des guten Geschmacks
TODESFALL / KARL-ERNST HERRMANN
15/05/18 In Salzburg verbindet man den Namen Herrmann – genau: jenen von Karl-Ernst und seiner Frau Ursel – in erster Linie mit der Ära Mortier, mit den legendären Mozart-Inszenierungen der beiden. Aber Karl-Ernst Herrmann, der am Sonntag (13.5.) im Alter von 81 Jahren gestorben ist, war schon zwanzig Jahre vorher in Salzburg als Bühnenbildner tätig.
Mit Fug und Recht kann man sagen, dass Karl-Ernst Herrmann mit seinen Bühnenbildern das deutschsprachige Theater der vergangenen 50 Jahre mitprägte. Und das war nicht nur eine Theater-Ästhetik. Im Jahr 1970 gehörte Karl-Ernst Herrmann mit den Regisseuren Peter Stein und Claus Peymann zu den Gründern der Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer. Hier entstanden legendäre Inszenierungen, etwa „Der Ritt über den Bodensee“, „Peer Gynt“, „Prinz von Homburg“, „Drei Schwestern“ und „Die Orestie“ sowie Uraufführungen der Stücke von Botho Strauss.
Aber auch für das Burgtheater und das Akademietheater schuf Herrmann nicht weniger als 29 Ausstattungen. Claus Peymann war dabei der wichtigste Regisseur (48 Bühnenbilder entstanden für ihn), und noch im Februar dieses Jahres hat Karl-Ernst Herrmann mit Peymann zusammengearbeitet (Shakespeares „König Lear“ in Stuttgart).
Mit Peymann kam er auch nach Salzburg: 1972 arbeitete Herrmann für die Uraufführung von Thomas Bernhards „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ erstmals bei den Festspielen. „Am Ziel“, „Der Theatermacher“, „Ritter, Dene, Voss“ waren weitere Uraufführungen von Bernhard-Stücken bei den Festspielen, stets mit Claus Peymann, die Karl-Ernst Herrmann in den 1970er und 1980er Jahren ausstattete, so wie die Uraufführung von Botho Strauß' „Das Gleichgewicht“ (Regie: Luc Bondy) oder jene von Christoph Ransmayrs „Die Unsichtbare“.
„Es ist mir unangenehm, zu beobachten, wie ein Bühnenbildner eine Erfindung über die verschiedenartigsten Stücke stülpt. […] Die Bühne ist dazu da, dass sie betreten wird.“ So umschrieb Karl-Ernst Herrmann seine Arbeit, die sich immer auch in Schönheit, Elegance, nicht selten auch einem Hang zur geradezu detailbesessenen Verspieltheit auszeichnete. „Schönheit“, sagte Karl-Ernst Herrmann, „ist vor allem eines: Präzision.“
Seine erste Oper, Mozarts „La clemenza di Tito“, inszenierte Herrmann zusammen mit seiner Frau Ursel 1982 am Brüsseler Théâtre de la Monnaie. Danach folgten Engagements an bedeutenden Opernhäusern von Amsterdam bis Wien. Zur Salzburger Ära von Gerard Mortier steuerten die Herrmanns ab 1992 zahlreiche wichtige Arbeiten bei, darunter Mozarts „La finta giardiniera“, das Arienpasticcio „Ombra felice“ und „Idomeneo“. Auch Rameaus „Les Boréades“ inszenierten die beiden (für Pfingsten Barock 1999). 1996 fanden sich zeitgleich zwei Inszenierungen von Peter Stein im Bühnenbild von Karl-Ernst Herrmann im Festspielprogramm: „Moses und Aron“ von Arnold Schönberg und „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow.
„Karl-Ernst Herrmann gab in der Ära Mortier den Festspielen ein neues kostbares Erscheinungsbild. Er war ein Eichmeter des guten Geschmacks, ob als Regisseur, Bühnenbildner oder Gestalter“, mit diesen Worten drückte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler ihre Trauer um den Tod des großen Bühnenbildners und Regisseurs aus. (PSF/dpk-krie)