Eine "Bibelcloud" und viel fremdes Schönes
LANGE NACHT DER KIRCHEN
09/06/16 Unter dem Motto „fremd und schön“ legt die „Lange Nacht der Kirchen“ in Salzburg heuer einen Fokus auf die Themen Flucht und Migration. Viele der insgesamt 48 Stationen beleuchten die Themen von einem spirituellen, musikalischen, kulinarischen und kulturellen Blickwinkel aus.
Agustin Castilla-Avila hat sich für den Dom eine Performance (20 und 22 Uhr) ausgedacht, in der er die Grenzen zwischen Europa und der Dritten Welt kritisieren möchte. „Die Texte sind aus 'Die ungehaltene Rede' von Jean Ziegler und aus 'Italy human trafficking case could reveal new details on Lampedusa tragedy`,, einem Zeitungsbericht“, erklärt der in Salzburg lebende spanische Komponist. „Das Bühnenbild soll die Assoziation zum Kinderspiel 'Tempelhüpfen' wecken, allerdings statt den aufgezeichneten Feldern mit verschiedenen Flaggen.“ Von den zwölf Musikern werden sechs wirkliche Flüchtlinge sein. Die beiden Tänzer kommen vom SEAD. „Ich habe ein Notensystem entwickelt, das erlaubt, dass Nicht-Musiker musizieren.“ Also auch eine Art von Integration.
Studierende der Syrischen Theologie und Flüchtlinge aus der Müllner Hauptstraße können Besucher zwischen 20 und 22 Uhr in der Kirche zu den Hll. Hieronymus und Antonius (das ist die Kirche in der ehemaligen Landespflegeanstalt Mülln) treffen. Einen Abend der Begegnung plant auch die Evangelische Matthäuskirche. Die Pfarrgemeinde betreut eine syrische Flüchtlingsfamilie seit Beginn deren Ankunft in Salzburg. Die Familie Alshoutaiui aus Damaskus möchte an dem Abend "Danke" sagen und bewirtet die Besucher im Gemeindesaal mit Köstlichkeiten aus der syrischen Küche.
Zu einer weiteren Begegnung der Kulturen kommt es in St. Michael am Residenzplatz. Traditionelle Salzburger Gruppen und interkulturelle Vereine präsentieren ab 19 Uhr ihre Kultur, Musik, Tänze und religiösen Bräuche. Südländisches Temperament, asiatische Tanzkunst, afrikanische Rhythmen treffen auf archaische Jodler, ursprüngliche Saitenklänge, vertraute Volksweisen und Texte, die vom Schauspieler Karl Merkatz gelesen werden.
Eine gute Motivation zum Nachdenken sollte die „Bibelcloud“ bieten, die es mehrmals auf den Salzburger Altstadtplätzen gibt: Mehrere Personen zugleich lesen verschiedene Texte der Bibel laut vor. Es soll ein Hörraum entstehen, auch Besucher können Bibeltexte mitbringen und lesend mitmischen. Übrigens: Die Bibel ist im Vorderen Orient entstanden...
Pfarrer Tilmann Knopf spricht zwischen 19 und 20 Uhr in der Evangelischen Christuskirche zum Thema „Flüchtlinge damals und heute - die große Vertreibung der Evangelischen aus Salzburg 1731/32“. Damals wurden 20.000 Evangelische - ein Fünftel der Bevölkerung - aus dem Land gewwiesen. Die Bilder von damals und heute sind so anders nicht: Warten vor geschlossenen Grenzen, Einrichtung von Hotspots, Fragen der Integration. Flüchtlinge aus den Flüchtlingshäusern der Evangelischen Diakonie bieten ein levantinisches Buffet an.
Überhören wird man den Beginn der „Langen Nacht der Kirchen“ nicht können, morgen Freitag (10.6.) läuten zum Auftakt zehn Minuten lang die Glocken der meisten Kirchen in der Altstadt. Der ökumenische Eröffnungsgottesdienst beginnt um 18 Uhr in der Kollegienkirche. Der spirituelle Abschluss erfolgt um 23.30 Uhr in der Kollegienkirche. In der Franziskanergasse ist der Informationsstand „Offener Himmel - Infopoint Kirche“. Er ist an diesem Tag von 12 bis 24 Uhr durchgängig geöffnet. In bewährter Weise befindet sich eine Bewirtung im Stiftshof in St. Peter. Top-Patissier Georg Kocmann verköstigt im Clubraum der Katholischen Hochschulgemeinde in der Wiener-Philharmoniker-Gasse die Nachtschwärmer im Rahmen des Charity Network „Gerüchteküche“.
Ein historischer O-Bus verkürzt von 18.30 und 23 Uhr die Wege zwischen Mirabellplatz, Mülln, Altstadt, Justizgebäude und Äußerer Stein, zudem sind bis 21.30 Uhr auch Fiaker im Zeichen der „Langen Nacht“ unterwegs, wofür beim Infostand in der Vorhalle des Doms Platzkarten vorreserviert werden können.
Auch außerhalb der Landeshauptstadt findet die „Lange Nacht“ statt, u.a. in Neumarkt am Wallersee und Bischofshofen, sowie in Ortschaften des Tiroler Teils der Erzdiözese Salzburg. Hier laden die christlichen Kirchen in Kitzbühel zu einem gemeinsamen „ökumenischen Abend“, weiters gibt es in Wörgl und Reith im Alpbachtal ein Veranstaltungsprogamm, u.a. mit Barockmusik, Kirchturmbesteigung, Messweinverkostung und einem von Flüchtlingen zubereitetem Buffet.