Bei Franziska das Besser-Wohnen fühlen
HINTERGRUND / ARCHITEKTURTAG
30/05/16 Ganz falsch werden jene liegen, die den „salon franziska“ aufsuchen wollen, um sich die Harre zu schneiden oder die Fingernägel lackieren zu lassen. Mit diesem Salon will die Initiative Architektur nämlich aufs 19. Jahrhundert anspielen. Da war der Salon ein Ort der Künste und der Begegnung, an dem die Bürger im optimalen Fall ihr Leben bereichern konnten.
Von Reinhard Kriechbaum
Gar so nobel wird der „salon franziska“ vermutlich nicht werden, zumindest nicht von außen. Die bevorstehenden, österreichweit veranstalteten Architekturtage, werden in Salzburg diesmal nämlich ihren Mittelpunkt in einem leer stehenden Backsteinbau auf dem Gelände der ehemaligen Riedenburgkaserne ihren Mittelpunkt haben. Aber der Raum passt sicherlich ideal zum Schwerpunkt Leerstand. Darauf und auf die temporäre Nutzung von Räumen soll die Aufmerksamkeit der Besucher der vielen, vielen Veranstaltungen von 2. bis 4. Juni gerichtet werden. Das zum Abriss bestimmte Gebäude diene „als kreatives Zentrum und ist Ausgangsort für Exkursionen im geistigen wie im physischen Sinn“, erklärt man bei der Initiative Architektur Salzburg. Also ein Raum für Diskussionen und vielleicht sogar zum Knüpfen neuer Netzwerke. „Hier laden wir dazu ein, über einen sozialen und nachhaltigen Umgang mit der Ressource Raum nachzudenken.“
Bei den Architekturtagen kommen ja immer bemerkenswert viele Leute zusammen: 3.000 Menschen hat man vor zwei Jahren in Salzburg zu dem Anlass auf die Beine gebracht, zu Stadtführungen, Vorträgen, Diskussionen und Kunst-Interventionen im öffentlichen Raum. Schon 2014 habe man damit begonnen, mit dem vielfältigen Angebot „die Grenzen der Wissensdisziplinen und der Kunstgattungen zu überwinden“. So sollen sich auch diesmal – eben im „salon franziska“ – Menschen mit grundverschiedenen Anliegen artikulieren dürfen: „Die Botschaft der PoetrySlammer steht gleichwertig neben neurowissenschaftlichen Forschungen und den Diskussionsforen.“
Erkundungen des Stadtraums mittels Eye-Tracking-Systemen, kunsthistorische Wanderungen, Spaziergänge mit Flüchtlingen und Ausflüge in die Zukunft der E-Mobiliät sollen ganz neue Eindrücke ihrer Stadt liefern. „Aber auch das über die Zeiten hinweg Beständige wollen wir vermitteln“, heißt es. Erzabt Korbinian Birnbacher von St. Peter wird als Eröffnungsredner erläutern, „wie ein kluger Mann sein Haus auf Fels baut“. Die Mönche von St. Peter haben das ziemlich gut berücksichtigt – der mulmige Untergrund des Salzach-Schwemmaterials machte und macht Baumeistern erst ein wenig weiter in Richtung Fluss ernsthaft zu schaffen.
Fürs „stadtPLANspiel“, das sich Wolfgang Richter und Paul Raspotnig ausgedacht haben, istv es ja eigentlich schon zu spät, weil in der Riedenburg selbst die planerischen Entscheidungen weitgehend gefallen sind. „Ziel des stadtPLANspiels ist es, das Areal der Riedenburgkaserne zu bebauen und dabei in die Rollen der unterschiedlichen Interessensvertreter zu schlüpfen. Am Freitag sind Kinder und Jugendliche eingeladen einen Entwurf zu wagen und Samstag dürfen die Erwachsenen beweisen, ob sie es denn besser können?“
Ein kleiner Beitrag zur Stadtteil-Erkundung: „Arbeiten und Leben am Glanmühlbach heute und damals“ führt von der Riedenburg über Maxglan, Burgfried bis nach Lehen. Die Rauchmühle ist der jüngst still gelegte Betrieb auf dieser Route. Früher gab es da auch Sägen, Lederfabriken und Wäschereien, eine Badeanstalt und manch anderes, wass Fließwasser benötigte.
„A Walk through Cultures“ will vermitteln: Wie kommen die Tiefgaragen, die aufgelassenen Hallen und alten Zweckbauten, die Flüchtlingen interimistisch oder auch auf längere Zeit als Unwohlfüh-Orte dienen müssen, bei den Betroffenen an? Eine Fahrradtour auf den Spuren weggeworfener Lebensmittel? Auch das wird angeboten.
Präsentieren darf sich dem zentralen Thema gemäß natürlich „Disposed – Verein für interdisziplinäre, kulturelle Vernetzung und Leerstandsnutzung“ hat das seit 2011 leer stehende Kantinenhaus auf dem Gelände der alten Rauchmühle zum Knotenpunkt auserkoren für interdisziplinäre, kreative Begegnungen in Salzburg. Elisabeth Schmirl und Stefan Heizinger vom Verein SUPER, der ähnliche Ziele verfolgt, vertiefen das Thema Leerstand bei einem Stadtspaziergang anhand konkreter Orte.
Architekten öffnen an diesen Tagen ihre Büros, Shuttles führen bis zum Schloss Tandalier (Radstadt) und nach Bad Gastein zur Ausstellung „Badgastein Wert Wandlung“.Und: Bei der Riedenburgkaserne stehen Freitag und Samstag von 10-18 Uhr Fahrzeuge der Salzburg AG für Fahrten zu Standorten der Architekturtage in der Stadt Salzburg zur Verfügung.