Infragesteller des Monotheismus?
SALZBURGER HOCHSCHULWOCHEN / THEOLOGISCHER PREIS
28/07/16 Die „Salzburger Hochschulwochen“ von 1. bis 7. August haben „Leidenschaften“ zum Thema. Das Kulturwissenschafter- und Ägyptologen-Paar Jan und Aleida Assmann bekommt den „Theologischen Preis“ für das Lebenswerk.
Der „Theologische Preis“ wird heuer zum elften Mal vergeben. Im vergangenen Jahr war die Koranforscherin Angelika Neuwirth ausgezeichnet worden; weitere Preisträger der mit 5.000 Euro dotierten Auszeichnung sind u.a. Walter Kasper, Karl Lehmann, Johann Baptist Metz und José Casanova.
In der Jury-Begründung heißt es, dass die beiden Wissenschaftler insbesondere mit ihren Arbeiten zur Theorie und Geschichte des „kulturellen Gedächtnisses“ einen wichtigen Beitrag auch zur „theologischen Theoriebildung“ geleistet hätten. Ihre Arbeit eröffne ein „vertieftes Verständnis unterschiedlicher Gedächtnisformen und ihres Zusammenspiels“ und würden somit dazu beitragen, besser zu verstehen, „wie Gesellschaften, Religionen, Identitäten sich formieren, stabilisieren, tradieren“. Eine Theologie, die das Bewusstsein für historische und kulturelle Zusammenhänge schärfen wolle, komme nicht umhin, „sich von diesen Arbeiten herauszufordern, zu informieren, zu inspirieren zu lassen“, so die Jury.
Alaida Assmann wurde 1947 in Bielefeld geboren. Sie studierte Anglistik und Ägyptologie in Heidelberg und Tübingen. Nach der Promotion 1977 im Fach Anglistik habilitierte sie sich 1992 in Heidelberg. Seit 1993 lehrte sie Anglistik und Allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Konstanz. Gastprofessuren führten sie an die Universitäten in Princeton (2001), Yale (2002-2005) und 2005 nach Wien. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt in den Bereichen der Kulturanthropologie und den Wechselwirkungen von Erinnerung, Gedächtnis und Vergessen.
Ihr Ehemann Jan Assmann wurde 1938 im niedersächsischen Langelsheim geboren. Assmann studierte Ägyptologie, Klassische Archäologie und Gräzistik in München, Heidelberg, Paris und Göttingen. Bis 1971 arbeitete er u.a. als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Deutschen Ägyptologischen Institut in Kairo. 1971 habilitierte er sich – es folgte ein Ruf auf den Lehrstuhl für Ägyptologie an der Universität Heidelberg, den er bis zu seiner Emeritierung 2003 inne hatte. Seither ist er Honorarprofessor für allgemeine Kulturwissenschaft an der Universität Konstanz. Es folgten außerdem Gastprofessuren in Paris, Jerusalem und den USA.
Für Aufsehen und Debatten sorgte sein Buch „Die Mosaische Unterscheidung. Oder: Der Preis des Monotheismus“, in dem er die „mosaische Unterscheidung“ zwischen dem einen Gott und den falschen Göttern der ägyptischen Kosmologie als Initialzündung einer bis heute andauernden Konfliktgeschichte und als Quelle von Intoleranz, Gewalt, Hass und Ausgrenzung beschreibt. Notwendig sei daher eine Art Selbstrelativierung der monotheistischen Religionen, um ihr immanentes Gewaltpotenzial einzuhegen. Das hat Assmann scharfe Kritik von theologischer Seite eingebracht.
Jedenfalls fehlt es dem Wissenschafter nicht an „Leidenschaften“ - das ist das Thema der „Salzburger Hochschulwochen“ von 1. bis 7. August. (KAP)
Zum Porträt Leidenschaften – produktiv oder toxisch
Bild: Salzburger Hochschulwochen