Registriert, interniert, minderbelastet
HINTERGRUND / DIE STADT SALZBURG IM NATIONALSOZIALISMUS
14/10/15 Das vieljährige Projekt „Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus“ geht in seine letzte Phase. Morgen Donnerstag (15.10.) beginnt die letzte Vortragsreihe. Diesmal geht es um die Aufarbeitung der Zeit nach dem Krieg: Schweigen und Erinnern.
„Auch wenn nunmehr die Vortragsreihe 'Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus' zum Abschluss gebracht wird, ist damit keineswegs ein Schlussstrich unter die vielen Fragen gezogen, die uns die Geschichte des Nationalsozialismus aufgibt“, so Bürgermeister Heinz Schaden zum Ende des Forschungs-, Vortrags- und Publikationsprojekt unter Führung des Hauses für Stadtgeschichte. Gefragt seien nicht nur ständige Auseinandersetzung und Reflexion, sondern das Gedächtnis an diese Zeit „stellt auch an unser politisches Handeln Anforderungen“ - nicht zuletzt wegen dem „bemerkbaren Wiedererstarken der rechten Szene in der Gegenwart.“
Am ersten Abend wird der Zeitgeschichtler und Direktor des Salzburger Landesarchivs Oskar Dohle die Rahmenbedingungen zur Entnazifizierung in Salzburg beschreiben. Kurz nach Kriegsende 1945 begannen die US-Besatzungsbehörden in ihrem Einflussbereich mit umfangreichen Maßnahmen, um im wiedererrichteten Österreich demokratische Strukturen zu etablieren. Gesetze auf Bundes- und Landesebene schufen dafür die legistischen Grundlagen. Daneben versuchten US-Behörden, bald unterstützt von der österreichischen Justiz, durch Registrierungen und Internierungen von ehemaligen Funktionsträgern und Sympathisanten des nationalsozialistischen Regimes eine strafrechtliche Aufarbeitung der NS-Zeit. „Camp Marcus W. Orr“ („Lager Glasenbach“) ist geradezu ein Symbol für Erfolg oder Misserfolg der von oben befohlenen politischen Umerziehung im Rahmen der Entnazifizierung und dem sich Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wandelnden Umgang mit (ehemaligen) Nationalsozialisten.
Der Entnazifizierung der Stadtverwaltung widmet sich im zweiten Vortrag des Abends Thomas Weidenholzer, Archivar und Historiker am Archiv der Stadt Salzburg. Rund ein Viertel aller Bediensteten der Stadtverwaltung wurde nach dem krieg auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung wegen ihrer Mitgliedschaft bei der NSDAP entlassen, darunter etwa achtzig Prozent aller Akademiker. Letztlich ein Aderlass an Fachpersonal, der schon bald durch die Wiederaufnahme ehemaliger Nationalsozialisten in den Gemeindedienst, auch auf Führungspositionen, geschlossen wurde. So forderte bereits im März 1946 der sozialdemokratische Bürgermeister Anton Neumayr, „Nazisäuberung“ und „Entnazifizierung“ müssten endlich beendet werden. „Es stellt sich die Frage, gelang damit die Integration von Nationalsozialisten in demokratische Verwaltungsstrukturen, gelang damit also die 'Entnazifizierung' der Köpfe oder wurden damit Fragen der Schuld verdrängt“, so Thomas Weidenholzer.
(Stadt Salzburg/Haus für Stadtgeschichte)