Aus der Krankengeschichte lernen
HINTERGRUND / NATIONALSOZIALISMUS / CHRISTIAN-DOPPLER-KLINIK
22/04/15 Der Sozial- und Gesundheitsausschuss des Salzburger Landtags diskutierte heute Mittwoch (22.4.) einen Antrag der Grünen betreffend die Erforschung der Rolle der Christian-Doppler-Klinik während des NS-Regimes und der Aufarbeitung in den Jahren danach.
Außer der FPÖ sind alle dafür, dass dies geschieht. Nun soll also erst einmal geprüft werden, welche Fragestellungen bei der Erforschung und Aufarbeitung der Rolle der Christian-Doppler-Klinik in der Zeit von 1920 bis 1960 aus historischer und soziologischer Sicht vordringlich zu beantworten sind. Zu klären ist auch, wie das Land einschlägige Forschungen unterstützen kann (Forschungsstipendien, Forschungspreise, Kooperationen mit wissenschaftlichen Einrichtungen oder Ähnliches). Das soll in sechs Monaten geklärt sein.
Brigitte Kepplinger vom Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik der Universität Salzburg begrüßte die wissenschaftliche Untersuchung der Krankenakten und brachte den Vorschlag ein, den Bearbeitungszeitrum von 1920 bis in die 1950er und 1960er Jahre einzuschränken.
Der ärztliche Direktor der Christian-Doppler-Klinik, Reinhold Fartacek, informierte, dass die jetzt im Landesarchiv befindlichen historischen Krankenakten in einem Kellerraum gelagert gewesen seien. Es handle sich hierbei um Akten weit vor der Gründung der Christian-Doppler-Klinik, und zwar von 1850 bis 1969.
Oskar Dohle, Direktor des Landesarchivs: Es bestehe ein legitimes Interesse, diese Akten zu bearbeiten. Bei diesen Akten handle es sich um sensible Akten, in denen es auch um persönliche medizinische Daten gehe. Der sensible Aktenbestand werde daher nicht für die Öffentlichkeit freigegeben. Er schlug ein mehrstufiges Projekt vor, deren Mitglieder sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Politik, des Landesarchivs, der Christian-Doppler-Klinik und der Universität Salzburg zusammensetzen sollen. Die fundierten wissenschaftlichen Ergebnisse sollen dann der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Otto Konrad (Team Stronach) hinterfragte den Nutzen der wissenschaftlichen Ergebnisse. Klubobmann Cyriak Schwaighofer (Grüne) warnte in diesem Fall massiv vor einer Kosten-Nutzen-Rechnung und sagte, dass Nutzen nicht allein in Geld auszudrücken sei. Klubvorsitzender Walter Steidl (SPÖ) sah die Aufarbeitung als gesellschaftliche Verpflichtung, ohne die Kosten zu berücksichtigen: „Wir können nur in die Zukunft sehen, wenn wir unsere Vergangenheit kennen.“ (Landeskorrespondenz)