Man hat miteinander gesprochen
KULTURPOLITIK / KULTURLEITBILD
16/10/14 Nun muss das neue „Kulturleitbild der Stadt Salzburg“ also noch durch die politischen Beschlussgremien – aber das ist ja mehr oder weniger Formsache. Bestandsaufnahme und Maßnahmenkatalog, wie er jetzt auf dem Tisch liegt, entspricht bis auf Kleinigkeiten jenem Vorschlag, der im Juli dieses Jahres öffentlich zur Diskussion gestellt worden ist.
Von Reinhard Kriechbaum
Das erste Kulturleitbild, 2001 festgeschrieben, habe mannigfache Verbesserungen gebracht, hieß es in einem Pressegespräch heute Donnerstag (16.10.). „Die Kultur ist jetzt außer Streit gestellt“ – so empfindet es die Kulturamtsleiterin Ingrid Tröger-Gordon. „Früher war Kultur ein Tellerrand-Thema“, so Bürgermeister Heinz Schaden. Jetzt stehe die Notwendigkeit von Kulturförderung, von kleinen politischen Scharmützeln einmal abgesehen, außer Streit. Das alte Kulturleitbild hat also wohl ein wenig Meinungsbildung auch bei weniger kultur-affinen Volksvertretern bewirkt.
Für die Kulturschaffenden ist die alljährliche Kultur-Klausur vor den Budgetbeschlüssen eine deutliche Verbesserung. Da erfahren jeweils zwischen 70 und 80 Fördernehmer, mit wie viel Geld sie im kommenden Kalenderjahr rechnen dürfen. Für jene zwanzig Glücklichen, die sich über mittelfristige Fördervereinbarungen freuen dürfen, ist die Planungssicherheit natürlich entschieden höher. Die mittelfristigen Förderungen sind übrigens in etwa gleich hoch wie die freie Kulturförderung. „Auch wir müssen flexibel sein“, sagen dazu Ingrid Tröger-Gordon und Heinz Schaden.
Das Kulturbudget ist in der Zeitspanne seit Verabschiedung des ersten Kulturleitbilds der Stadt (2001) von 19 auf zuletzt 27 Millionen Euro gestiegen. Das sind etwas über sechs Prozent des Gesamtbudgets. Der Kulturfonds ist auf 100.000 Euro aufgestockt worden. Mit dem Kulturportal im Internet haben Kulturschaffende ein heftig nachgefragtes Werkzeug in die Hand bekommen (600.000 Zugriffe pro Jahr).
In einem längeren kommunikativen Prozess, mit Fragebogen-Erhebungen, 26 Fachgesprächen und zwei Workshops, hat man also die Neuauflage des Kulturleitbilds vorbereitet. „Diesmal wurde nach Sparten diskutiert“, erklärt Barbara Köstler-Schruf, bei der im Kulturamt die Fäden zusammengelaufen sind.
Über Details zum Kulturleitbild wurde an dieser Stelle schon ausgiebig berichtet. Einer der Punkte, wo man gegenwärtig besonderen Handlungsbedarf sieht, sind leistbare Proben- und Arbeitsräume. Dies betreffe Theater, Tanz, Chöre und Volksmusikgruppen, aber auch die bildende Kunst. Eine Bestrebung soll auch dahin gehen, Institutionen, die gute Infrastruktur haben, in die Pflicht zu nehmen und „freie Gruppen hinein zu lassen“, wie es Ingrid Tröger-Gordon im Pressegespräch formulierte.
Ein wenig Selbstkritik übt man, was die Bevorzugung allen neuen Schaffens im alten Kulturleitbild betrifft. Da sei von Museen der Vorwurf genommen, dass des Alten nicht genug sei. Ein wenig hat man nun gegengesteuert. Mit dem neuen Bereich „Wissensstadt Salzburg“ verknüpft man also pädagogische und forschende Einrichtungen mit dem kulturellen Bereich. Da heißt dann ein neues Depot fürs Salzburg Museum sehr elegant „Wissensspeicher“.
Der im Juli zur Diskussion gestellte Entwurf scheint auf Seiten der Kulturschaffenden vorwiegend positiv aufgenommen worden zu sein. Es sei nur „marginal nachgebessert“ worden, heißt es. Der verstorbene Winterfest-Leiter Georg Daxner hat beispielsweise die Circuskunst hinein reklamiert. Wenn man ganz genau schaut, entdeckt man in zwei Halbsätzen sogar das Wort Jazz. Zu allen Themenbereichen des als Konzept 52 Seiten starken Grundsatzpapiers gibt es den Punkt „Handlungsbedarf“. Was dort steht, damit nimmt sich die Stadt in der nächsten Dekade quasi selbst in die Pflicht.
Das wirklich Wichte am Kulturleitbild ist der kommunikative Prozess, in dem es zustande gekommen ist. Da haben also Kulturschaffende, das Kulturamt und Kulturpolitiker der Stadt zwei Jahre lang miteinander geredet, einander kennen gelernt, über ihre Wünsche und Vorstellungen gesprochen und sie schriftlich ausformuliert. Ein besserer Ausgangspunkt für Kulturförderung ist eigentlich nicht denkbar. Das Land ist von solch produktiver Offenheit meilenweit entfernt.