Die Eigenproduktionen als Nukleus
ARGEkultur / JAHRESVORSCHAU 2013 (2)
10/01/13 1,25 Millionen Euro beträgt das Jahresbudget der ARGEkultur. Vom Anteil für die künstlerische Arbeit geht der größte Teil in die Eigenproduktionen. Diese Sparte genieße Priorität, „weil wir da schärfer und präziser arbeiten können“, sagt der künstlerische Leiter Markus Grüner-Musil.
Von Reinhard Kriechbaum
Im Fokus stehen immer „soziokulturelle Fragestellungen und Realitäten, nie L’art pour l’art“, erklärt Markus Grüner-Musil. „Wir arbeiten als Initiatorin und als Labor, Entwicklungsprozesse werden sowohl produktionstechnisch wie dramaturgisch begleitet.“ Das Zusammenwirken mit Koproduktionspartnern habe hohen Stellenwert, denn „die Kombination von regionalen und überregionalen Partnerschaften ist für das Produktionshaus ARGEkultur von enormer Wichtigkeit, einerseits um die vorhandenen Kräfte, Ressourcen und Synergieeffekte zu bündeln, andererseits um das künstlerische Schaffen einer noch breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Hier investiere man in gesellschaftspolitisch relevante Themen mit zeitgenössischen, innovativen Kunstformen und fördere damit auch regionale und freie Kunst- und Kulturarbeit.
2013 wird die ARGEkultur vier Neuproduktionen bzw. Projekt-Serien umsetzen, aus den Bereichen Tanz, Theater und neue Musik. Am 27. Mai hat die Theaterproduktion „Penetrator“ Premiere, nach einer Romanvorlage von dem Schotten Anthony Neilson. Regie führt der in Salzburg lebende Theatermacher Michael Kolnberger.
„Sichtbar Unerhörtes“ ist Thema des Taschenopernfestival 2013, von 20. September bis 10. Oktober. Zum vierten Mal findet dieses festival mit Uraufführungen von Kurzopern in der ARGEkultur statt. Der Ausgangspunkt diesmal: Ein vor einigen Jahren viel diskutiertes Zeitungsfoto, das zwei tote Immigranten an einem süditalienischen Strand zeigte, mit Planen zugedeckt – und dahinter badende Touristen.
Die künstlerischen Teams – Textdichter, Komponisten, Regisseure – sollen davon ausgehend nach der „abgebildeten Realität, den Auslassungen oder Verkürzungen in der bildnerischen Erzählung und den Faktoren Erinnerung und Vergessen in der Flut medialer Bilder“ fragen. Kompositionsaufträge für die Taschenopern 2013 wurden bisher vergeben an Brigitta Muntendorf (Österreich), Filippo Perocco (Italien) und Hüseyin Evirgen (Österreich/Türkei). Mit weiteren ist man noch im Gespräch.
Das Open Mind Festival von 10. bis 24. November wird unter dem Motto „Die Kunst der Lüge“ stehen. Dieses Bündel von Theater, Performance, Poetry Slam, Medienkunst, Literatur Konzert und diskursiven Veranstaltungen will sozusagen ideologischer Kernpunkt im Jahresprogramm der ARGEkultur sein. „Die Auswahl der Themen orientiert sich an den wesentlichen Entwicklungen und Problemen unserer Gesellschaft, an aktuellen Widersprüchen und Unvereinbarkeiten und an (ethischen) Fragen zu Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität“, so Markus Grüner-Musil. Das Open Mind Festival mache die ARGEkultur zu einem Ort des politischen Diskurses und zu einem Spiegel gesellschaftlicher Realitäten, „gebrochen mit den Mitteln der Kunst und Kultur“.
„Jukebox“ schließlich heißt eine Tanzproduktion der editta braun company (10. bis 13. Dezember). Da geht es um Migration und Wanderarbeiter. Für manche künstlerische Sparten, so gerade für den Tanz, ist ein internationaler Austausch typisch - Juan Dante Murillo Bobadilla, geboren 1982 in Kolumbien, ist als Tanz-Solist dieses Abends typisch. „Denn seine Biografie steht exemplarisch für die ganz vieler WanderarbeiterInnen unserer Zeit, von der osteuropäischen Pflegekraft bis zum nordafrikanischen Bootsflüchtling, und für die Aufspaltung unserer Persönlichkeit in viele verschiedene Gesichter, multiple Identitäten, die zusammenzubringen uns nicht selten schwer fällt.“
Zum Portfolio der ARGEkultur gehört natürlich die MotzArt-Woche – auf die wird man heuer ein wenig warten müssen, denn sie wandert vom traditionellen Termin Anfang Februar in den Frühling (von 6. bis 14. April). Und noch eine Facette der ARGEkultur: Für das Land richtet man wieder den Landespreis für Elektronische Musik „Elektronikland“ aus. Das besondere: Es ist eine öffentliche Juysitzung vorgesehen, die Musiker, die bewertet werden, können sich also ein eigenes Bild von den „Streit-)Gesprächen der Juroren machen. Zu viel geschehe hinter verschlossenen Türen, befindet Markus Grüner-Musil, mit der offenen Jurysitzung entstehe „Transparenz, wie wir sie verstehen“.