Steinbock, Hirsch und Vogelsang
HELLBRUNN / SAISONSTART
29/03/12 Das Plakat schaut aus, wie für einen künstlerisch besonders ambitionierten Softporno der Achtzigerjahre. Aber das tut dem zeitlosen Zauber von Hellbrunn keinen Abbruch. Zum Saisonstart heute Donnerstag (29.3.) wurde in der „Villa suburbana“ besonders heftig renoviert: Ist doch der Erbauer - Markus Sittikus von Hohenems – vor genau vierhundert Jahren zum Erzbischof von Salzburg gewählt worden.
Von Heidemarie Klabacher
„Wir renovieren jedes Jahr da und dort kleinere oder größere Teile. So vermeiden wir den Alptraum eines jeden Betreibers einer solchen Anlage: einen Renovierungsstau“, sagte Gartenamtschef Wolfgang Saiko bei der Präsentation der Neuerungen in den Wasserspielen. Wie die Erbauer einst, wollen auch die Betreiber heute ihre Gäste mit dem „Unerwarteten“ überraschen. Daher versuche man, immer wieder neue Details des Gesamtkunstwerks Hellbrunn ins rechte Licht zu rücken. Insgesamt habe man über diesen Winter rund zweihunderttausend Euro investiert.
Die wichtigste Neuerung werden die rund 280.000 Hellbrunn-Besucher gar nicht sehen, sondern nur hören können: Die Orgelwalze im „Mechanischen Theater“ in den Wasserspielen ist aufwändig restauriert worden: „Das gute Stück ist noch original aus dem Jahr 1750“, so Wolfgang Saiko. Die Messingstifte auf der sich drehenden Walze aus Eichenholz öffnen die Luftzufuhr zu den Pfeifen.
Das erfordert eine ziemliche Präzision – die nach Jahrzehnten touristischen Dauergebrauchs ein wenig nachgelassen hat: Während der Saison sei das historische Instrument extremen Belastungen ausgesetzt, berichtet Saiko: Bis zu hundert Mal pro Tag werde die Orgel - mit Wasser angetrieben - gespielt. Abnützungen oder Unschärfen der Stifte von einem Millimeter legen die Mechanik lahm. Auch der Standort im unisolierten Theater-Pavillion, umrauscht von den Bächlein der Wasserspiele, ist für eine Pfeifenorgel nicht der günstigste. Drei Musikstücke aus 1850 sind heute auf der Walze „gesteckt“. Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Ursprungsbestiftung abgeschnitten, die Oberfläche geschliffen und mit den neuen Stücken versehen worden. In den letzten Jahren konnte nur mehr das Handerwerkerlied "Ohne Rast angepackt" (aus der Oper "Maurer und Schlosser" von Daniel Francois Auber) gespielt werden. Zu viele Stifte waren heraus gefallen oder verbogen worden. Jetzt kann die mechanische Orgel in den Wasserspielen auch wieder Mozart spielen – „Reich mir die Hand, mein Leben“ aus Don Giovanni. Das dritte Stück, das die Walze "drauf hat", ist der Choral, den auch der Salzburger Stier auf der Festung erklingen lässt.
Renoviert wurde die Walze von der Orgelbaufirma Wolfgang Bodem. Die originalen Arrangements der Werke wurden erhalten und nur wo nötig ergänzt: „Dazu bediente man sich modernster Computer- und Tonstudiotechnik.“ Mit 100.000 Euro war die Orgelrenovierung heuer der „größte Brocken im Erneuerungsbudget“, berichtet Gartenamtsleiter Saiko.
Ebenfalls frisch restauriert wurden die Nischenmalerei in der Kronengrotte, die grotesken „Türsteher“ und Tier-Skulpturen bei der Neptungrotte sowie die Statue der Diana im Schlosspark. Derzeit werden noch die Stiege im Schloss und Boden der Neptungrotte durch Aufrauen rutschfest gemacht, berichtet die Schlosshauptfrau Ingrid Sonvilla.
Eine weitere Attraktion ist leider nur bei Exklusiv-Führungen zu erleben: Der Technikbereich hinter der „Vogelsanggrotte“ – das ist die Grotte mit dem vielstimmigen Vogelgezwitscher und dem kleinen Drachen, der im Kreis schwimmt – ist als Schauraum hergerichtet worden. Man sieht, wie die wasserbetriebene Mechanik funktioniert.
Besonders stolz ist Ressortchef Bürgermeister-Stellvertreter Harry Preuner auf das „kostenlose Hellbrunn-Kino“: Im Gewölbe neben dem Shop läuft nonstop ein gut gemeinter fünfzehnminütiger „kostenneutral vom städtischen Info-Z“ hergestellter Schulfunk-Film mit englischen Untertiteln. So brav, wie ihre Geschichten hier erzählt waren, haben sich die Göttinnen und Götter denn doch nicht benommen - weder in den Hainen und Hügeln Griechenlands, noch in den Nischen und Grotten Hellbrunns.
In die Gegenrichtung übertreibt das Hauptplakat, das auf Litfass-Säulen und A-Ständern in der ganzen Stadt wuchert, wie der Bärlauch in Hellbrunn: Angespielt wird auf die delikate Beziehung zwischen der Göttin Diana und dem Jäger Aktaion. Ob der Jäger die Göttin nackt im Bade überrascht oder – noch schlimmer - sich gerühmt hat, der geschicktere Waidmann zu sein: Die Göttin der Jagd war jedenfalls verschnupft, hat Aktaion in einen Hirsch verwandelt und seine eigenen Hunde auf ihn gehetzt. Typisch Götter. Aber eine solche Low-Fantasy-Ästhetik a la „Conan der Barbar“ haben sie sich trotzdem nicht verdient. Die Götter Griechenlands haben sich schon für weit geringere Beleidigungen blutig gerächt…
Im Gegensatz zu den Plakat-Designern sind die Besucher in Sicherheit. Übrigens verteilt die Firma Spar noch bis 31. März Gutscheine, für die man um nur zwei Euro die Wasserspiele besuchen kann.
Auf Schritt und Tritt stößt man auf Steinböcke, sei es aus Marmor, Sandstein oder Stuck. Die Skulpturen am Sternweiher wirken besondes herausgeputzt: Der Steinbock ist das Wappentier von Markus Sittikus.