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Heilige Scheiße oder das Gelbe vom Gau

SUPERGAU

29/09/20 Sensible oder fantasielose Gemüter regen sich ja seit Gründung des Ganzen über den Titel auf. Super-Gau. Immerhin eine kreative, vielschichtige und provokante Wortschöpfung. Ob die Festival-Inhalte der Steilvorlage im Titel gerecht werden? Das wissen wir nächstes Frühjahr, wenn von 14. bis 23. Mai 2021 der Supergau für zeitgenössische Kunst stattgefunden haben wird.

Von Heidemarie Klabacher

„Mit dem neuen Festival Supergau kommen wir dem Wunsch der Kulturszene nach, ein zeitgenössisches Festival im ländlichen Raum zu ermöglichen“, sagte Landeshauptmann-Stellvertreter Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn gestern Montag (29.9.) bei der Programm-Präsentation.

Es gab dreihundert Bewerbungen. Ausgewählt wurden sechzehn Projekte, deren Schöpfer sich Ende September erstmals getroffen, Ortsrecherchen im Flachgau vorgenommen und erste Kontakte zu Personen und Institutionen vor Ort geknüpft haben. Zehn Tage im Mai wird es um die Frage gehen, was ländliche Regionen zu außergewöhnlichen Orten zeitgenössischer Kunst macht. Rangiert „das Land“ als Kunstraum in der öffentlichen Meinung hinter „der Stadt“? Vermutlich ja, vermutlich aus rein infrastrukturellen Gründen. Das soll sich jedenfalls ändern. Der Landschaftsraum setze sich nicht gegen den Stadtraum durch, sondern sehe sich als Erweiterung des künstlerischen Arbeitsraums.

Die Projektleiter Theo Deutinger und Tina Heine: „Für uns waren diese Tage im September ein Meilenstein auf dem Weg zum Festival.“ Vor allem erfordere der Flachgau mit seinen tausend Quadratkilometern ein öffentliches Mobilitätskonzept. Darauf ist man in diesen Tagen „intensiver räumlicher Recherchen“ tatsächlich gekommen! Die Bus-Linien 120 und 150 seien das räumliche und zeitliche (Fahrplan-) Koordinatensystem des Festivals. „Die Kunstwerke werden so platziert sein, dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln und kurzen Fußwegen erreichbar sind.“ Dazu werde es auch eine Radweg- und Wanderkarte geben, „um den Supergau umweltfreundlich erkunden zu können“.

Alexander Römer und Clemens Bauder machen eine temporäre begehbare Strohballenskulptur im sogenannten „rurbanen“ Raum, „dem Übergang zwischen der Stadt Salzburg und dem Flachgau“. Alice von Alten wird mit Straining Field Seile und Spanngurte zwischen zwei Bäume spannen. Angelika Wischermann bringt Zaunbewegung in den Flachgau, wird jeweils das hinterste Stück eines Bauzaunes abtragen, um es vorne wieder hinzustellen. Anna Adensamer produziert Heilige Scheiße, ein „humorvolles partizipative Tanztheaterstück“. Anna Lerchbaumer verwandelt mit Schiwiesensymphonie einen Abfahrtshügel in eine Klangskulptur. (Vielleicht wäre das was für das chinesische Schigebiet Gaissau-Hintersee, Anm.)

Überhaupt wirkt Supergau auch da und dort politisch. Tribunal vom Klangkünstler Clemens Mairhofer sei inspiriert von der Debatte um die 380-kV Leitung durch den Flachgau. Mit Belvedere Flachgau will Fabian Ritzi Luxus für alle, etwa den Luxus, eine schöne Aussicht genießen zu können. (Das kann der heutige Mensch ja wirklich nur mehr unter kuratorischer Anleitung, Anm.) Mit Sirrende Mücken im surrenden Licht will Flora Schausberger die Aufmerksamkeit auf Details der dörflichen Topografie lenken. Georg Nussbaumer bespielt mit Gaugeläut die Landschaft mit drei mobilen Kirchenglocken. Anna Stadler und Lukas Gwechenberger tauschen in Erdmigration Erdballen im Flachau aus. Die Künstlergruppe The Golden Pixel Cooperative will mit Techno Scapes die Auswirkungen der Digitalisierung in der Landschaft sichtbar machen.

Miriam Hamann spiegelt in 114m den tiefsten Punkt des Wolfgangsees „über die horizontale Wasserlinie nach oben“. Einen Heißluftballon inszenieren Moritz Matschke und Anna Pech mit Das Gelbe vom Gau. Das Kollektiv Nesterval produziert das Theaterstück Sankt Peter, in dem es um Heimat geht. Vier Sänger in der Dunkelheit inszeniert Stefano D’Alessio in Here, somewhere else. „In Bustopia 153 von Peter Fritzenwallner und Wolfgang Obermair werden Busstationen und die Innenräume der Busse der Linie 153 von Thalgau über Plainfeld nach Koppl zu Orten performativer und skulpturaler Konfrontation mit Pendler*innen und Reisende.“ Wörtliches Zitat inklusive Fehler.

Details zum Supergau von 14. bis 23. Mai 2021 - www.supergau.org
Bilder: SuperGau / Miriam Hamann (1); Tina Heine (1)

 

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