Bis heute ein bisschen rebellisch
50 JAHRE SZENE SALZBURG / / ERINNERUNGEN (1)
07/10/19 Als sich in den sechziger Jahren die damals als das „Establishment“ gescholtenen tonangebenden Repräsentanten der Bevölkerung im Zuge der Studentenrevolution von 1968 international immer heftigere Vorwürfe anhören mussten und sich mit immer lautstärkeren Demonstrationen konfrontiert sahen, war abzusehen, dass auch im idyllischen Salzburg nicht alles beim Alten würde bleiben können.
Von Werner Thuswaldner
Die Salzburger Festspiele sahen sich im Lauf ihrer Geschichte immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, abgehoben und elitär zu sein, mit unerschwinglichen Eintrittspreisen für ein jüngeres Publikum. Jüngere Leute fanden sich in den sechziger Jahren mit ihren Vorstellungen von darstellender Kunst von den Festspielen in keiner Weise repräsentiert. Die Festspiele selber waren bereit, etwas an ihrer abgeschotteten Existenz zu ändern. Das seit 1952 geltende „Salzburger Festspielschutzgesetz“ wurde als verfassungswidrig aufgehoben. Von da an waren Veranstaltungen während der Salzburger Festspiele nicht länger von vornherein verboten.
Die Idee, in Salzburg ein Kulturangebot für ein jüngeres Publikum zu schaffen, hatte Alfred Winter, der damals als Reprografiker in der Salzburger Druckerei arbeitete. Und er setzte sie mit erstaunlicher Effizienz und Unerschrockenheit durch, indem er es verstand, andere mit seinem Enthusiasmus anzustecken.
Der Name „Szene der Jugend“ für ein neues Festival stammte von dem Komponisten Cesar Bresgen, der sein kompositorisches Schaffen in den Dienst des Nationalsozialismus gestellt hatte und der nach dem Zeiten Weltkrieg fast nahtlos, wie nicht wenige andere Kulturträger, seine Karriere als Professor am Mozarteum fortsetzen konnte. Bresgen hatte aber weiterhin keinen Einfluss auf die „Szene der Jugend“. Alfred Winter konnte mit großen Namen auftrumpfen. Künstler, die um ein Vielfaches an Honorar bei den Festspielen auftraten, tauchten im Programm der „Szene der Jugend“ auf, darunter Friedrich Gulda und Gidon Kremer. Viele Namen wären zu nennen, etwa auch der von Peter Sellars.
Winter sicherte sich die Unterstützung durch die Politik und agierte geschickt, indem er einen sehr guten Kontakt zu Landeshauptmann Hans Lechner herstellte. Die Politik der Konservativen sah die Möglichkeit, bei einem jungen Publikum zu punkten und förderte die für sie eher untypische Initiative.
Die turbulente Entwicklung der Szene (das Anhängsel „der Jugend“ wurde abgestreift) setzte sich fort. Die Szene wurde zu einer Plattform des internationalen Tanztheaters und bescherte dem Publikum mit Gastspielen vornehmlich aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich, viele denkwürdige Abende.
Nach dem Petersbrunnhof wurde das umgebaute ehemalige Stadtkino zu einer zentralen Spielstätte. Und ein großer Coup bahnte sich an, als die Szene die Pernerinsel in Hallein als möglichen Aufführungsort entdeckte. Die Dimensionen – vor allem das Ausmaß der nötigen Investitionen – erwies sich aber als zu groß, so dass die Szene die Pernerinsel den Salzburger Festspielen überließ.
Die beiden Institutionen existieren in friedlichem Nebeneinander. Wie wichtig es war, die Szene ins Leben zu rufen, wird im Rückblick nur allzu deutlich. Sie hat mit ihrem Ruf, nicht angepasst, sondern zumindest ein bisschen rebellisch zu sein, ganz bestimmt wesentlich dazu beigetragen, dass die Festspiele nicht in purer Selbstgefälligkeit erstarrten. (Wird fortgesetzt)