Mahnmahlzeit
BÜCHERVERBRENNUNG / MAHNMAL
03/09/19 An Salzburgs Fassade würde wohl ein dekoratives Bitte-Nicht-Berühren-Schild kaum einen Stilbruch bedeuten. Tausende Gäste durchqueren täglich das Innere der ‚Verbotenen Stadt‘, Platz zum Verweilen gibt es aber wenig. Neben Pferdeschwemme und Domfassade sieht sich nun auch das Mahnmal zur Bücherverbrennung am Salzburger Residenzplatz als Jausenbankerl und Hundeklo missbraucht.
Von Franz Jäger-Waldau
Am 30 April 1938 wurden in einer großen Inszenierung ca. 1200 Bücher am Salzburger Residenzplatz verbrannt. „Möge das Feuer auch Schimpf und Schand verzehren, die unserer deutschen Stadt von diesem Geschmeiß geschah. Frei und deutsch sei die Stadt Mozarts!“ riefen Nationalsozialisten bei der Vernichtung von ausgewählten Texten jüdischer, klerikaler, ‚entarteter‘ oder ideologiekritischer Inhalte. Aus einem künstlerischen Wettbewerb für ein angemessenes Mahnmal ging schließlich 2018 die Arbeit Buchskelett des Künstlerpaares Fatemeh Naderi und Florian Ziller als ausgezeichnetes Projekt hervor, das am Residenzplatz angebracht ist.
Wie ein Mahnmal zu gebrauchen ist, stellt sich allerdings als unklar heraus: Es dient zuweilen unwissenden Passanten als Jausenbankerl oder auch Hundeklo. Angesichts dieses technischen Verfehlens fordert die Bürgerliste Salzburg, dass die Information zur Bücherverbrennung deutlich aufgewertet wird. Bürgerlisten Gemeinderat Markus Grüner-Musil erklärt: „Das Mahnmal zur Bücherverbrennung auch als Ort des Verweilens zu nutzen ist dabei durchaus erwünscht, allerdings sollte der Anlass und der historische Hintergrund gut und offensichtlich vermittelt werden“.
Der Beirat für Kunst im Öffentlichen Raum der Stadt Salzburg stimmte also bei seiner gestrigen Sitzung (28.8.209) einer verbesserten Information durch eine Beschilderung zu. Damit soll sowohl Einheimischen wie Gästen der Zugang zur Geschichte und der angemessene Umgang mit dem Objekt erleichtert werden. „Nur wer die Geschichte kennt, kann die Gegenwart verstehen, und am besten ins Bewusstsein gelangt die eigene Geschichte über den Ort, an dem Geschichte stattgefunden hat.“ fährt Grüner-Musil fort.
Selbstverständlich ist bei Eingriffen, die das Verhalten in öffentlichen Räumen regeln sollen, mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Eine „Erinnerungskultur“, deren Enden in alle Richtungen gezogen werden, läuft Gefahr, zum "Erinnerungskult" verzerrt zu werden. Ein Mahnmahl sieht sich auf diese Weise aufgeladen zum diskursiven Medium: Und es wäre in der Stadt Salzburg kaum alleine, die damit verbundenen quasi-religiösen Implikationen heben das Objekt auf die Höhe der kirchlichen Heiligtümer und Reliquien. Wie diese wird sich das Mahnmal aber auch vor dem Missbrauch als Machtprojektor für politische Gezeiten hüten müssen.