Starker junger Auftritt im Festspielbezirk
AKTIONSTAG KULTURELLE BILDUNG AN SCHULEN
16/05/18 Vierhundert Schülerinnen und Schüler verwandeln am 24. Mai den Festspielbezirk mit dreißig Kunstprojekten in eine Tanz-, Theater- und Sing-Bühne. Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn meint, dass „ein kultureller, künstlerischer Ausgleich für die Jugendlichen neben Tablet und Smartphone immer wichtiger wird“. - Hier ein Gespräch mit dem künstlerischen Leiter, dem Schauspieler, Regisseur und Produzenten Gero Nievelstein.
Vierhundert Kids nehmen am 24. Mai den Festspielbezirk in Beschlag. Mit welchen künstlerischen Vorführungen dürfen die Besucher rechnen?
Nievelstein: Das ist ein großes Überraschungspaket. Es sind in etwa 30 verschiedene Arbeiten, die dort präsentiert werden, im tänzerischen, im musikalischen, im visual arts Bereich, digitale Arbeiten, Literatur, Lesungen. Es wird zwischendurch auf jeden Fall sehr laut, wir haben zwei Schulen, die kommen mit Stomp-ähnlichen Geräuschkulissen. Darauf freue ich mich, weil dadurch auch eine Öffentlichkeit in der Stadt erzeugt wird. Es gibt aber auch ein paar ruhigere Geschichten, auf die ich mich sehr freue, zum Beispiel auf die Lesung "Mozart und wir". Das ist so ganz gegen den Mainstream, das ist nicht laut, das ist nicht pompös, das ist nicht bunt und schillernd, sondern etwas Ruhiges, Kleines, Feines. Kinder, die lesen, und dass wir dafür den Platz haben, das find ich sehr gut.
Welche Rolle haben Sie bei diesem Projekt?
Nievelstein: Ich habe dafür die Infrastruktur, die Spielflächen koordiniert. An diesem Tag wird im Festspielbezirk gezeigt, welche künstlerischen Arbeiten die Schüler in den Schulen vorbereitet haben. Wir sind im Rupertinum, im Haus für Mozart, in der Kollegienkirche, der KHG, in der Aula der Universität und bei Schönwetter auch im Furtwänglerpark.
So viele Kinder und Jugendliche unter Kontrolle zu bringen – das allein wird schon eine Herausforderung sein?
Nievelstein: Gott sei Dank muss ich nicht 400 Kinder organisieren. Ich habe da ein bisschen Urvertrauen, dass bei solcher Art von Präsentationen vieles sich selbst reguliert. Es geht ja nicht darum, wer ist der Beste, wer ist der Größte, wer ist die Schönste, wer ist die Schnellste, sondern es geht darum, zu zeigen, was in diesem kulturellen Bildungsprogramm entsteht, wo auch andere Dinge eine Rolle spielen als Superlative. Es geht um das Miteinander, das Füreinander, sich mit Inhalten auseinanderzusetzen und zu schauen, wie das präsentiert werden kann.
Sie selber sind große internationale Bühnen gewohnt, waren schon in einigen Film- und Fernsehrollen zu sehen. Ist ein solches Projekt für Sie ein Kinderspaziergang?
Nievelstein: Kinderspaziergang, nein. Der große Unterschied ist, dass man mit Laien arbeitet und das hat viele Vorteile, aber es birgt auch große Risiken, weil man gerade bei Kindern und Jugendlichen auf der Bühne nie weiß, wie sie gerade reagieren, noch dazu, wenn viele zuschauen, die sie nicht kennen. Also man kann nicht alles voraussehen und es fehlt einfach der professionelle Umgang mit Pannen, wenn Dinge nicht so laufen, wie man sich das wünscht, aber davon lebt das Ganze ja auch. Und es muss ja nicht perfekt sein. Im Gegenteil: Wir leben in einer Zeit, wo alles auf Effizienz getrimmt ist, wo man perfekt, gut sein muss, alles richtig sein muss, damit man weiter kommt, wahrgenommen wird und, und, und. Aber wir alle wissen, dass wir durch Fehler viel mehr lernen als durch das Richtigmachen. Und dafür ist dieser Platz da. Dass man den Mut hat, Dinge zu probieren.
Warum ist es so wichtig, dass Kinder in diesem Alter mit Kunst und Kultur konfrontiert werden?
Nievelstein: Der künstlerische Zugang zu Dingen ist viel prozesshafter als andere Dinge. Prozesshaft heißt, ich fange etwas an und weiß am Ende nicht, was dabei herauskommt. Und das in einem Rahmen, der viele Freiheiten offen lässt. Es ist nicht so, dass ich am Ende des Semesters bis Seite 64 kommen und alles wissen muss und wenn ich es nicht weiß, dann muss ich das Jahr wiederholen. Sondern es ist ein Bereich, wo man viel mehr ausprobieren kann, die Chance hat, Wege zu gehen, auch bei Sackgassen wieder zurückzugehen. Und ich glaube, dass das für die Entwicklung besonders bei jungen Menschen ganz, ganz wichtig ist. Dass man eben nicht immer wissen muss, wie sich etwas entwickelt oder wie es zu sein hat. (Landesmedienzentrum)