In der Pflicht, die Reißleine zu ziehen
UNIVERSITÄT MOZARTEUM / LESERMEINUNGEN
27/11/17 DrehPunktKultur-Leser, die einigen Einblick in die Entscheidungsgremien der Universität Mozarteum haben, meldeten sich dieser Tage zu Wort. Zu peinlich ist die Causa rund um die Wieder-nicht-Lösung der Rektoratsnachfolge. Einige der in dem Zusammenhang geäußersten Gedanken.
„Als Mozarteums-Urgestein einerseits und mit ausreichender Distanz“ meldet sich der Geiger und Schriftsteller Martin Mumelter zu Wort und zeigt Verständnis für den Schritt des Universitätsrat – konkret: zum Rücktritt von Dreien auf dem Fünfer-Team, das als Aufsichtsrat fungiert. Mumelter betrachtet die Angelegenheit aus der Perspekive des Senats, dem der inzwischen pensionierte Musiker angehörte.
Martin Mumelter in einem Mail an den DrehPunktKultur: „Ich war lange im Senat und dessen Vorgängergremien und war vor allem über Jahre Kuriensprecher der Professoren, in bewegten Zeiten, als der damalige Rektor Haas im Kreuzfeuer stand (wie ich glaube zu Recht) und allgemein die Nerven auch angesichts der Diaspora ohne zentralen Hauptbau blank lagen. Ich kenne viele Mitglieder des Senats inklusive dessen Vorsitzenden seit Jahrzehnten, habe die Umwandlung zur Universität und insbesondere die Bestellung des Rektors Reinhart von Gutzeit mitgetragen und teile Ihre Meinung, dass dieser seine Sache sehr gut gemacht hat. Aus all diesen Erfahrungen heraus möchte ich sagen, dass dem Universitätsrat als oberstem Aufsichtsorgan meines Erachtens gar nichts anderes übrig bleibt, als sich aufzulösen, wenn eine kommende Rektorin Forderungen stellt, die er nicht mittragen will. Und niemand sonst hat das Pouvoir, diese Forderungen abzusegnen oder abzulehnen. Wenn man den Unirat dafür kritisiert, könnte man als Konsequenz gleich den Senat und dessen Vorsitzenden allein entscheiden lassen, und genau das ist vom Gesetz nicht gewünscht, ja gar nicht erlaubt.“
Mumelter schreibt, man könne „einen Unirat nicht dafür schelten, dass er das tut, wofür er bestellt ist: Kontrolle auszuüben und bei Bedarf die Reißleine zu ziehen, notfalls bis hin zur Selbstauflösung.“ Dass zuvor Herr Schuhenn sein Amt nicht angetreten hat, mache die Sache freilich nicht leichter. „Es darf aber kein Grund sein, jetzt um des lieben Friedens willen etwas abzunicken, was man nicht verantworten will.“ Auch für Schuhenn habe gegolten: „Der kommende Rektor hat sein Team vorzustellen und wenn dieses dem Unirat nicht geheuer scheint, ist es seine Pflicht, das auch zu äußern und als Verweigerung umzusetzen. Dass die beiden Dinge hintereinander passiert sind, macht es schwer, darf aber keinen Einfluss haben. Wir wissen alle, wie hoch der Wert der Gewaltenteilung in verschiedensten Strukturen ist und müssen hinnehmen, dass dies gerade auch dann schlagend werden muss, wenn Optik und Folgen unangenehm sind.“
Wolfgang Danzmayr, der im ORF-Landesstudio Salzburg die Musikabteilung leitete, hat in der Geschäftsordnung des Universitätsrates (von 2013) nachgelesen und ist auf eine Ungereimtheit gestoßen: „Dort steht im § 1 Abs. 3 unmissverständlich, dass die Beendigung der Funktion des/der Vorsitzenden oder dessen/deren Stellvertreters/Stellvertreterin mindestens vier Wochen davor bekanntzugeben ist. Des weiteren ist im selben Absatz zu lesen, dass in solch einem Fall binnen zwei Wochen eine Sitzung einzuberufen und entsprechend ein/eine Nachfolger/in zu bestellen ist.“ Stellvertreter im Universitätsrat war bis Donnerstag der Vorwoche der Musikwissenschafter Gernot Gruber, und nach Danzmayrs Sicht auf die Spielregeln in der Geschäftsordnung müsste Gruber „eigentlich noch einige Wochen lang diese Funktion innehaben und dann nachbesetzt werden“.
Dass der Mozarteums-Senat nun bald ein neues Mitglied nachbenennen wird und damit im Unirat wieder drei Mitglieder, also eine beschlussfähige Zahl, sitzen werden – darauf scheint die Sache jetzt hinzusteuern. Dann wird mit Elisabeth Gutjahr, der designierten Rektorin, wohl weiterverhandelt. „Tres faciunt collegium“, das war dazu schon am Freitag in einem DrehPunktKultur-Kommentar zu lesen. Das geflügelte Wort stammt übrigens nicht aus der Bibel, klärte uns Stefan Engels, ein sehr aufmerksamer Leser, auf. Es steht so im „Corpus Iuris Civilis“, einem im 6. Jahrhundert im Auftrag des oströmischen Kaisers Justinian zusammengestellten weltlichen Gesetzeswerk.
Auch Wolfgang Danzmayr zeigt übrigens Verständnis für den Universitätsrat: „Aus welchem Grund denn sollte er einem Wunsch nach massiver Erhöhung des Gehalts plus Dienstwohnung seine Zustimmung geben?“ (dpk-krie)