„Tag des schutzlosen Denkmals“
HINTERGRUND / DENKMALSCHUTZ
22/09/17 Der „Tag des Denkmals“, bei dem das Bundesdenkmalamt als eine Art Leistungsschau zeigt, was alles erfolgreich bewahrt wird, ist die eine Seite. Die andere: Oft ist es eine Geld- und manchmal auch eine Willensfrage, wenn wertvolle Bausubstanz auf dem Spiel steht. Eine Aktionsgruppe „Bauten in Not“ ruft zum „Tag des schutzlosen Denkmals“ auf.
Der „Tag des Denkmals“ sei eben nicht unbedingt ein Tag des Feierns, findet einer der Wortführer der Initiativgruppe, der Salzburger Architekturhistoriker Norbert Mayr. Vor allem Bauten der Nachkriegsmoderne seien gefährdet. Mayr nennt für Salzburg das Kongresszentrum Bad Gastein (ein Werk von Gerhard Garstenauer aus den Jahren 1968 bis1974) als exemplarisches Beispiel für die unzähligen Baudenkmäler ohne Schutz-Status.
„Die von uns ausgewählten Beispiele thematisieren die allgemeine gesellschaftliche Verantwortung von öffentlichen Institutionen und Körperschaften“, erklärt Norbert Mayr etwamit Blick auf Otto Wagners Postsparkasse Wien und bekrittelt den Verkauf und die intransparente Umnutzung einer Architekturikone. Andere Bauten stünden „im Würgegriff von Gutachtern“, etwa der Sprungturm Millstätter See. „Das Georg-Baumeister-Viertel in Bregenz und das Bahnpostamt mit Busabfahrt in Linz verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, auf Ensembles viel größeres Augenmerk zu legen“, so Mayr. „Bei den bereits geschützten Bauwerken geht es um Zerstörung durch langjährigen Verfall, akute Gefährdung, genehmigte zerstörerische Veränderungen, die aber noch nicht erfolgt sind (Kulturzentrum Mattersburg, Turnhalle der Hauptschule Ternitz, Grottenbad Paul Flora in Innsbruck), oder bereits geschehene, nicht adäquate Veränderungen, die aber reversibel sind (Speisesaal der Schulschwestern in Graz-Eggenberg).
Aus jedem Bundesland hat die Aktionsgruppe „Bauten in Not“ je ein Beispiel gewählt. Die Initiative wird im Wesentlichen getragen von Architekturwissenschaftern und Architekten. Man kritisiert, dass Barbara Neubauer, Präsidentin des Bundesdenkmalamtes, zwar 2008 bei ihrem Antrittsstatement ein Bekenntnis zur Architektur der 1950er, 60er, 70er und 80er Jahre abgegeben und von der Notwendigkeit einer systematischen Bestandsaufnahme gesprochen habe. „Das Bundesdenkmalamt lässt allerdings noch immer jegliche stringente Linie und nachvollziehbare Haltung vermissen“, heißt es in einer Presseaussendung von „Bauten in Not“.
Am Beispiel Salzburg: „Vor gut zehn Jahren machte das BDA ein konventionelles, von Margarete Schütte Lihotzky für ihre Schwester in Radstadt geplantes Wüstenrot-Eigenheim (1950) zum Baudenkmal“, so Mayr. Es ist beim Tag des Denkmals am Sonntag (24.9.) sogar zu besichtigen. „Gleichzeitig verweigerte und verweigert das BDA diesen Status zentralen Bauwerken der österreichischen Architekturentwicklung aus den Nachkriegsjahrzehnten“,klagt Mayr. „Als einziger Bau des 'Brutalismus' steht laut BDA im Land Salzburg die Matthäuskirche, in Taxham (Eugen Salpius und Hans Laimer) unter Denkmalschutz.“ Kein einziges dem "Brutalismus" zuzurechnendes Bauwerk von Herhard Garstenauer stehe unter Denkmalschutz, beklagt der Experte.