Ausgebrannt im Nirgendsraum
RESIDENZPLATZ / MAHNMAL BÜCHERVERBRENNUNG
01/09/17 Über ein Mahnmal zum Gedenken an die Bücherverbrennung auf dem Salzburger Residenzplatz im Jahr 1938 wird seit einer gefühlten Ewigkeit diskutiert. Nun gibt es, nach einem international ausgeschriebenem Wettbewerb, ein Siegerprojekt: den Entwurf „Buchskelett“ von Fatemeh Naderi und Florian Ziller.
„Das Mahnmal soll ernüchternd und ikonisch an den barbarischen Akt der Bücherverbrennung erinnern“, so die Wettbewerbsgewinner Fatemeh Naderi und Florian Ziller. „Schwarz auf Weiß illustriert im Raum liegt die schwarze Buchskulpur auf weißem Hintergrund – wie Bild und Text auf Papier. Der übrig gebliebene Buchrahmen symbolisiert die Erinnerung daran.“
Florian Ziller lebt in Salzburg. Er studierte unter anderem in Linz Kunst und Design, so wie die in Esfahan, Iran, geborene Fatameh Naderi. Sie lebt seit 2011 in Linz.
„Die Jury hat überzeugt, dass hier ein einfaches, gleichwohl eindringliches, zur Reflexion aufrufendes Symbol im 'Nirgendsraum' gesetzt wird“, heißt es in der Begründung. „Der Inhalt des Buchs, von dem ein Skelett übriggeblieben ist, ist vernichtet, gleichsam 'ausgebrannt' worden. Der Hinweis auf den barbarischen historischen Akt wird auch einem Publikum, das zunächst nur zu geringer Aufmerksamkeit bereit ist, vermittelt, Zeitlosigkeit ist impliziert, also auch die dringende Warnung vor der Gefahr einer Wiederholung! Das minimalistische Buchskelett als Mahnmal ist bedeutungsoffen, beansprucht Gültigkeit im Hinblick auf die Vergangenheit, aber auch für die Gegenwart und die Zukunft. Sehr sorgfältig wird auf die Detail-Ausführung der vorgeschlagenen Metallkonstruktion, die gestreute Lichtführung und die Formulierung des Texts zu achten sein.“
Im Juli 2015 war der Beschluss zur Neugestaltung des Residenzplatzes gefasst und die Abteilung Kultur, Bildung und Wissen beauftragt worden, eine Ausschreibung für ein in den Boden eingelassenes Mahnmal auszuloben. Vorgabe bei der Suche nach einem Standort war, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Nutzungen des Residenzplatzes ein pietätvolles Erinnern zu ermöglichen.
107 Wettbewerbsarbeiten aus Frankreich, Bulgarien, Kroatien, Niederlande, Schweiz, Deutschland und Österreich wurden bis Februar 2017 eingereicht. Als Jury fungierte der Kunstbeirat der Stadt Salzburg unter dem Vorsitz von Werner Thuswaldner. In einem ersten Schritt wurden erst zwanzig Projekte ausgesiebt, davon kamen dann sechs Entwürfe und zwei Nachrücker in die engere Wahl.
Im zweiten Verfahrensschritt haben die sechs GewinnerInnen ihre Arbeiten in einem ganztägigen Hearing dem Kunstbeirat und zugeladenen ExperteInnen (Historiker, Bundesdenkmalamt, Architekten der Residenzplatzgestaltung, Bauabteilung und IKT) präsentiert. Die Kandidaten wurden in der Folge beauftragt, ihre Arbeiten und Konzepte in spezifischen Punkten zu modifizierten bzw. weiter auszuarbeiten und erneut vorzulegen. In einer abschließenden Jurysitzung wählte der Kunstbeirat aus den sechs GewinnerInnen das Konzept von Fatemeh Naderi und Florian Ziller als Siegerprojekt aus.
„Der Kunstbeirat der Stadt Salzburg hat sich in seiner langjährigen Tätigkeit noch nie zuvor so eingehend und zeitlich aufwändig mit einem Projekt beschäftigt wie im vorliegenden Fall“, resümiert Werner Thuswaldner. Man habe sich davon leiten lassen, dass es ein „Mahnmal“ werden solle, „das in der Lage ist, Denkanstöße zur Erinnerung an das historische Ereignis überzeugend zu vermitteln“. Nach teils sehr kontrovers geführten Diskussionen sei man schließlich zur Überzeugung gelangt, dass man diesen Anspruch mit dem Siegerprojekt, einem reduzierten, gleichwohl starken Zeichen eines „Buchskeletts“, genügen könne.
Nun ist der Stadtsenat an der Reihe, er muss dem Projekt zustimmen. Man rechnet mit Kosten von rund 74.000 Euro. Einen Termin für die Enthüllung des Mahnmals hat man schon, den 30. April nächsten Jahres. Dann werden auch die anderen Arbeiten ausgestellt, die in die engere Wahl kamen. (InfoZ)