Beraten lassen, denken, handeln
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
30/06/15 Schon richtig: Es stimmt alles von dem, was Landeshauptmann Haslauer via APA auf die Vorwürfe des Dachverbands äußert. Aber es stimmt eben auch die grundsätzliche Skepsis der freien Kulturschaffenden. Und es stimmt vor allem die Chronologie, die sie vorgelegt haben.
Da hat also Haslauer (oder wer immer ihn in der Sache beraten hat) beschlossen, ein Landesjubiläum mit Pomp und Trara auszurufen. Halt, erster Vorbehalt. Dass es auf Pomp und Trara hinausläuft (jedenfalls nicht anders zu erwarten bei einem Einsatz von kolportierten sieben Millionen Euro), hat man keineswegs hinausposaunt. Da wurde erst mal, ohne viel Aufhebens drum zu machen, ein Großraumbüro im Traklhaus dem neuen großen Landes-Ziel gewidmet. Man hat auch gleich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Stabstelle Museen und kulturelle Sonderprojekte des Landes dorthin umdirigiert. Und der so gut vernetzte Friedrich Urban hat auftragsgemäß sogleich damit begonnen, Netz zu werken. Ausschreibung seiner künftigen Funktion und „Institutionalisierung“ kamen erst später, nachdem Medien und der Dachverband Salzburger Kulturstätten von der Sache Wind gekriegt hatten.
Auch korrekt: Friedrich Urban hat ab und zu beim Landeskulturbeirat vorbei geschaut. „Ein Auftritt vor dem Landeskulturbeirat erschüttert die Expertinnen und Experten dort“, hält dazu der Dachverband lapidar fest. Letztlich ist genau dieses Vorgehen einer der Knackpunkte: Nicht die Landespolitiker, die über Schwerpunktsetzungen und Initiativen entscheiden, suchen den Weg zum Landeskulturbeirat, sondern der Landeshauptmann schickt seinen (damals offiziell noch gar nicht ernannten) Sendboten, um jene, die eigentlich Beratungsfunktion für andeslenker und deren politische Gremien ausüben sollten und wollten, nicht ganz dumm sterben zu lassen.
Natürlich hat Haslauer recht, wenn er argumentiert, dass „Salzburg 20.16“ mehr sein soll als ein Kulturprojekt. „Projekte zur Infrastruktur“ führt er ins Treffen „und den großen Themenkomplex Salzburger Zukunftslabor“. Letzteres ist einSchlagwort, das erst nach und nach mit Inhalt gefüllt werden muss. Auf den Kulturbeirat zu hören, auf die Stimmen aus der Bibliothek für Zukunftsfragen und auf jene manch anderer bestehender Einrichtung: Täte man das ernsthaft und vor allem, bevor politische Grundsatzentscheidungen fallen, könnte man sich manches „Projekt zur Infrastruktur“ vielleicht ersparen.
Beraten lassen, Denken, Handeln – das wäre ein billiger Wunsch an die Entscheidungsträger, nicht nur von Seite der Kulturschaffenden. Aus dem freien Kulturbereich ist jedenfalls lange Zeit niemand ernsthaft und offiziell in die Causa „Salzburg 20.16“ eingeweiht worden. Immer nur informell von einem, wie es jetzt heißt, damals bloß ehrenamtlich tätigen Pensionisten. Und es betraf eben ausgewählte Leute. Erst jetzt, ein halbes Jahr vor Beginn des Jubiläumsjahres und auf die wohl begründete Salve des Dachverbands hin, lässt Haslauer die Kulturschaffenden wissen: „Geplant ist Ausschreibung für die Freie Szene in Kooperation mit der Kulturförderung des Landes Salzburg im Sommer 2015“. Wann beginnt, wie lange dauert der Sommer?
Man muss, um die Missstimmung des Dachverbands Salzburger Kulturstätten zu verstehen, eindeutig festhalten. Da war zuerst der Wunsch nach politischen Aktionismus. Dann fand sich ein kurioser Jubiläumsanlass: Wir feiern den Verlust unserer Souveränität als eigener Staat und schärfen daran unser heutiges Ego! Und dann wurde rund anderthalb Jahre still und leise Infrastruktur aufgebaut.
Wundert sich eigentlich irgendwer darüber, dass kaum jemand überzeugt ist von der segensreichen Wirkung des bevorstehenden Jubiläumsjahres?