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Huckleberry Bernhard

GLOSSE

altVon Heidemarie Klabacher

09/02/11 Huckleberry Finn darf nicht mehr „Nigger“ sagen. Politische Korrektheit in der amerikanischen Literatur - das ist sicher hoch an der Zeit. Vielleicht sollte man aber auch in deutschsprachigen Landen darüber nachdenken. Bei Goethe etwa dünkt einem so manches nicht ganz korrekt. Echte Sorgen macht uns aber, aus aktuellem Anlass, der Einfluss der Schriften Thomas Bernhards auf den Sprachgebrauch künftiger Generationen.

Wir schürfen jetzt gar nicht in den wohlbekannten Salzburg- und Österreichbeschimpfungen, die man vorgibt, lieben und genießen gelernt zu haben. Man liebt ihn ja inzwischen so sehr, den Bernhard, dass man selbst sein Testament zur Literatur erhoben und daher nicht mehr ernst zunehmen hat. Diesem an sich schon nachdenkenswerten Umstand  verdanken wir Ausführungen wie diese:

„Wenn mich die Leute fragten, wer denn diesen sogenannten Großen Staatspreis schon bekommen habe, sagte ich jedes Mal, lauter Arschlöcher und wenn sie mich fragten, wie denn diese Arschlöcher hießen, so nannte ich ihnen eine  Reihe von Arschlöchern, die ihnen alle unbekannt waren, nur mir waren diese Arschlöcher bekannt. Und dieser Kunstsenat setze sich also aus lauter Arschlöchern zusammen, sagten sie, weil du alle, die in dem Kunstsenat sitzen, als Arschlöcher bezeichnest. Ja, sagte ich, in dem Kunstsenat sitzen lauter Arschlöcher und zwar lauter katholische und nationalsozialistische Arschlöcher und dazu noch ein paar Alibijuden.“

Diese Betrachtungen über den „Österreichischen Staatspreis für Literatur“ hat Thomas Bernhard geschrieben, aber nicht herausgeben lassen: Das Buch „Meine Preise“ ist eine „Erstausgabe aus dem Nachlass“. Aber der „Letzte Wille“ von Schriftstellern soll jetzt nicht Thema sein.

Viel größere Sorgen macht uns der inflationäre Gebrauch des „A“-Wortes (Stilmittel, Übertreibungskunst, ja schon). Aber was, wenn Thomas Bernhard noch lebte - den Feierlichkeiten um seinen Achtziger (heute, Mittwoch, 9.2.) persönlich beiwohnen, womöglich das Wort ergreifen würde?

Erstens hätte sich der alte Herr schon wieder einen Anzug kaufen müssen - der „knallrote derbgestrickte Schafspullover“, den ihm ein „gutaufgelgter Amerikaner gleich nach dem Krieg geschenkt hat“ - wäre inzwischen doch ein wenig zerschlissen.

Was aber müssten sich, zweitens, die Honoratioren aus Politik und Kunst und eine bücherliebende  Nation von dem alten Querdenker im nagelneuen Anzug heute wohl anhören!

Wir wagen es uns nicht vorzustellen und schlagen vor lauter Schreck eine neue Werkausgabe vor. Die schöne weiße bei Suhrkamp wird ja wohl irgendwann mal fertig werden. Aber dann sollte allsogleich eine völlig überarbeitete politisch korrekte Fassung folgen, bei der zumindest das „A“-Wort gestrichen ist.

Zur Buchbesprechung {ln:„Es sollte was von ihm bleiben“}
Zu Thomas Bernhards Achtziger {ln:Menschengestrüpp aus Gemeinheit und Niedertracht}

 

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