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Die hohe Kunst der Reihe

KOMMENTAR

altVon Reinhard Kriechbaum

10/11/10 Das heute, Mittwoch (10.11.), vorgestellte Programm der Salzburger Festspiele 2011 zeigt aufs Deutlichste: Jetzt wachen zwei Denker in Strukturen und Zusammenhängen allein und un-irritiert über die Festspiele.

In den letzten Jahren war es ja oft so, dass Intendant Jürgen Flimm Opern ins Programm nahm, die herzlich wenig (oder nur sehr am Rande) mit dem jeweiligen Thema zu tun hatten, sondern eher spontanen Angeboten oder programmatischer Lust und Laune zu entspringen schienen.

Mit Markus Hinterhäuser und Thomas Oberender als derzeit Alleinverantwortlichen für das Festspielprogramm sieht die Sache ganz anders aus: Nicht, dass das Motto der Festspiele – das Nono-Zitat „Das Ohr aufwecken, die Augen, das menschliche Denken“ – weniger beliebig wäre als die Mottos der vergangenen Jahre. Das ist schließlich (wie Präsidentin Helga Rabl-Stadler am Beginn der Presse-Vorstellung des Programms richtig bemerkte) „ein stimmiges Leitmotiv nicht nur für diesmal, sondern für immer“. Aber die inhaltliche Stringenz erschließt sich diesmal schon beim ersten Durchblättern des Programmbuchs.

Hinterhäuser und Oberender sind beide dezidierte „Reihen-Denker“. Beide sind überzeugt davon, dass die Nebeneinanderstellung von unterschiedlichen künstlerischen Positionen, von verschiedenen Perspektiven auf ein und dieselbe Sache den Zugewinn fürs Publikum deutlich erhöht. Dass Festspiele, so verstanden, also einen intellektuellen Mehrwert sichern, der weit über den kulinarischen Genuss von Einzelwerken und einzelnen künstlerischen Leistungen hinaus geht. Der Intendant (und Konzertchef) weiß seine Sache vielleicht g’schmackiger aufzubereiten (und er hat auch dankbareres Material), als Thomas Oberender, der in seinen Begleitprogrammen zum Schauspiel auch viel „verkopfte“ Materie zusammenbinden muss. Aber täuscht der erste Eindruck, dass im nächstjährigen Festspielprogramm sich auch dieser Bereich in den Absichten klarer ausdrückt?

Man darf jedenfalls gespannt sein, wie das alles aufgehen wird – und wir Salzburger haben obendrein den Vorteil, dass wir viele dieser künstlerischen Gedanken-Reihen miterleben können, weil wir ja am Ort sind. Festspiel-Publkikum, das nur für ein paar Tage da ist, tut sich mit dieser Wahrnehmung notgedrungen schwerer. Aber auch diese Leute können sich leicht trösten: Es fehlt im nächstjährigen sommerlichen Angebot nicht an gustiösen Programmzusammenstellungen, die für sich allein reizen.

Dass man sich beim Young Director’s Project an einem Tag vier Varianten von zeitgenössischem „Mitmach-Theater“ einlassen kann, dass man an zwei aufeinanderfolgenden Nachmittagen und Abenden das gesamte Streiquartettwerk von Schostakowitsch hören kann – nur zwei Beispiele für Versprechungen, die das Etikett „Festspiele“ nun wirklich verdienen. Schon das Blättern im Programmbuch vermittelt mit den Bildern von Stephan Balkenhols Skulpturen und vor allem den ausdrucksstarken Künstlerfotos: Das Festspielprogramm 2011 verspricht nicht nur Stil, sondern auch Inhalt.

Zur Meldung {ln:Aufs Mitdenken wird man nicht verzichten können}

 

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