Lehen. Absolute reality
STICH-WORT
26/02/14 Die Zeit des Suchens ist vorbei, genauer gesagt: Die Suche nach einem Pächter, der aus den etwa 300 m² messenden „Turmstübchen“ hoch über der Stadtbibliothek eine möglichst hochpreisige Panorama-Bar macht , ist wegen Aussichtslosigkeit eingestellt. Seitens der Stadt wurde entschieden, den Laden selbst zu schupfen: Eine „Lese-Lounge“ ist gerade im Fertigwerden.
Von Reinhard Kriechbaum
Warum man gerade heute, Mittwoch (26.2.) zur Medienvorbesichtigung der „Lese-Lounge“ geladen hat, war nicht ganz einsichtig. Bis zur Eröffnung in gut zwei Wochen braucht‘s noch einige Arbeit (auch Sitze und Tische). Aber sei’s drum. An einem solchen Frühlingstag wie heute, mit toller Fernsicht, ist das Stadt- und Gebirgspanorama von dort droben aus ja wirklich toll. Die Buchstaben, die angeblich auch den Horizont erweitern (sofern man sie in richtiger Kombination wählt), werden sich gewaltig anstrengen müssen, um da mitzuhalten.
Von da oben hat man auch einen wunderbaren Blick auf die unmittelbare Wohnlandschaft der Neuen Mitte Lehen. Was die Leute dort alles auf ihre Balkone räumen! Malerisch. Und aussagekräftig. Zum Kaffe wird man, wenn man sich Zeit nimmt, eine Art Live-Universum erleben. Die Antwort Salzburgs auf „Mitten im 8en“, eine Lehen-Soap ganz ohne TV. Absolute reality.
Medien wird es freilich trotzdem geben in der „Lese-Lounge“. Einen digitalen Zeitungskiosk nämlich. Wer mit eigenem Laptop oder vergleichbarem Gerät anrückt, wird sich einloggen und aus einem virtuellen Zeitungspool wählen können. Auch Zeitungen auf altmodischem Papier werden aufliegen, heißt es. Und Bücher kann man aus den Bibliotheksräumen unten mit herauf nehmen.
Darauf ist man nämlich stolz: Die Lese-Lounge in der Panorama-Bar wird Teil der Stadtbibliothek sein (zu deren Öffnungszeiten), aber für Kulturveranstaltungen kann man sie dann per leicht schrägem Lift auch direkt befahren.Ingrid Tröger-Gordon von der Kulturabteilung kündigte an, dass man fleißig kooperieren werde mit Kultureinrichtungen in Lehen. Dort hat sich ja in den vergangenen Jahren gar nicht wenig urbane Kultur angesammelt hat.
Die erste solche Veranstaltung ist schon am 11. März: Da wird Karl-Markus Gauß sein neues Buch „Lob der Sprache, Glück des Schreibens“ präsentieren. Am 27. März gibt es einen Abend mit Kaffeehausliteratur, am 1. April stellt Martin Pollack sein Buch „Kontaminierte Landschaften“ vor und am 8. April die Salzburger Autorin Ines Eberl „Teufelsblut“, einen „Alpenkrimi“. Schade, dass abends die Berge im Dunkeln bleiben. Auch eine Literaturfest-Veranstaltung wird es hier geben. Im Herbst peilt man mit dem Bildungswerk eine Veranstaltungsreihe „Ich war dabei – Erlebtes erzählt“ an. Oral History ist ja derzeit gefragt.
Dazu aber ein ordentlicher Kaffee und auch etwas zu essen: Dafür hat man sich gute Partner gesucht, das Kulinarium der Diakonie. Das ist ein in Lehen beheimateter Catering-Betrieb der Diakonie, wo derzeit 22 Menschen mit Behinderung beschäftigt sind. „Für uns eine super Chance“, sagt Kulinarium-Leiter Georg Maringer. „Hier können sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich zeigen.“
Vom Bauträger und -betreiber UBM hat die Stadt die Panorama-Bar zu den gleichen Bedingungen wie die Stadtbibliothek gemietet: auf 25 Jahre, für derzeit 4.700 Euro Monatsmiete. Das ist natürlich nicht das, was sich der Gebäudebetreiber vorgestellt hat für die vermeintliche Cash-Cow in luftiger Höhe über dem ehemaligen Fußballfeld. Aber so kann man sich sozial und kulturbewusst geben, auch nett.
Eine Technik-Kabine gibt es, Scheinwerfer für den Discobetrieb und eine ordentliche Musikanlage, Videobildschirme, ein hoch zu fahrendes Podium. Bald kommt auch noch was zum Sitzen und ein Sonnenschutz rundum. Es wird jedenfalls ein attraktives Kaffeehaus mit Kulturzentrums-Option.