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Von Michelangelo bis zum Ersten Weltkrieg

STICH-WORT

07/01/14 Es wartet nicht das Hackbeil auf denjenigen, dem Geburtstage entfallen. Die Vergesslichen können sich heuer zudem auf einen namhaften Jahresregenten berufen: Alois Alzheimer wurde vor 150 Jahren geboren. Joseph-Ignace Guillotin, dessen Name mit dem Hinrichtungsinstrument untrennbar verknüpft ist, starb vor 200 Jahren.

Von Reinhard Kriechbaum

001Was war schief gelaufen mit Herrn Guillotin (1738-1814), der doch ein Jesuitengymnasium besucht hatte und dem Leben eigentlich heilig hätten sein sollen? Man darf das nicht mit heutigen Maßstäben beurteilen. Gefragt war damals – mitten in der französischen Revolution – eine halbwegs rasche Hinrichtungsart. Schließlich war es damals noch üblich, Ketzer auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, Staatsverbrecher zu vierteilen und Falschmünzer in einem Wasserkessel durchzukochen. So gesehen ist die Guillotine geradezu ein Musterbeispiel für humanen Strafvollzug. Joseph-Ignace Guillotin war übrigens der justizpolitisch Verantwortliche für ihre Einführung, er hat das Ding mit der schrägen Schneide nicht selbst entworfen.

002Vergessen wir’s. Dabei hilft die Erinnerung an Alois Alzheimer (1864-1915), einem deutschen Chirurgen und Neuropathologen, der als einer der ersten Demenzerkrankungen beschrieben hat. Bei einer Fachtagung 1906 hat Alzheimer die von ihm erkannte und später nach ihm benannte Krankheit – das Absterben von Gehirnzellen – auf einem Kongress der Fachwelt vorgestellt. Was Für Freud Anna O. (in Wirklichkeit die Frauenrechtlerin und Sozialreformerin Bertha Pappenheim), das war für Alois Alzheimer übrigens die Frankfurterin Auguste Deter.

Aber eigentlich wollten wir hier ja von weiteren Jahresregenten aus der Kulturwelt erzählen. Der 125. Geburtstag von Charlie Chaplin und der 100. Geburtstag von Louis de Funés sollen uns auf heiterere Gedanken bringen. Dass es das Kino gibt, verdanken wir unter anderem Louis Jean Lumière. Der jüngere der Brüden Lumière ist vor 150 Jahren zur Welt gekommen. 1895 haben die beiden ihren „Cinematographen“ vorgestellt, aber auch sonst war die Lumièr’sche Fotoplatten-Fabrik in Lyon ein Hort für neuestes lichtbildnerisches High Tech. Der vor 450 Jahren (1564) geborene Galileo Galilei war noch eher damit befasst, mit Kerze und Spiegel das Licht durchs ganze Haus leiten zu können – eine seiner vielen physikalischen Erfindungen. Seine „Movies“ fand er in den Weiten des Alls – mit den bekannten Folgen für ihn und fürs Weltbild.

Heute sind lichtbildnerische Techniken, seien sie bewegt oder unbewegt, in der bildenden Kunst selbstverständliche Werkzeuge. Ein Blick in die Liste der Jahresregenten aus diesem Bereich: 1564 ist Michelangelo Buonarotti gestorben. Seines 450. Todestages ist ebenso zu gedenken wie des 400. von El Greco. Paul Cézanne ist 1839, also vor 175 Jahren, zur Welt gekommen. Vor 150 Jahren ist Leo von Klenze gestorben, vor hundert Jahren der Expressionist August Macke und vor 25 Jahren der Surrealist Salvador Dali.

Leo von Klenze (1784-1864) hat als Hofarchitekt von König Ludwig I. von Bayern das Aussehen Münchens maßgeblich mitgeprägt. Er hat übrigens auch die Neue Eremitage in St. Petersburg erbaut. Der Meister des Klassizismus hat seine Zeitgenossen so beeindruckt, dass man ihn sogar nach Athen holte, um die griechische Hauptstadt wieder ein ordentlich antikisierend aufzumöbeln. Davon ist freilich nur mehr wenig erhalten, im Gegensatz zu den Münchner Bauten, die als Ensembles zu den baukünstlerischen Hauptwerken der Epoche gelten.

In Österreichs Ausstellungsreigen ist von all den Jahresregenten wenig zu spüren. Da erinnert man eher an die Zeitgeschichte. 2014 als Ausbruchsjahr des Ersten Weltkriegs ist auch in Sachen bildender Kunst ein Thema: „Totentanz – Egger-Lienz und der Krieg“ ist ab 7. März Ausstellungsthema im Belvedere. „Trotzdem Kunst! Österreich 1914-1918“ heißt eine Schau ab 9. Mai im Leopold Museum.

In diesem Zusammenhang steht auch eine ehrgeizige Ausstellung im Salzburg Museum: „Krieg, Trauma, Kunst. Salzburg und der Erste Weltkrieg“, ebenfalls ab 9. Mai. Die kultur- und kunstgeschichtlich orientierte Schau wird sich mit dem Weg in den Krieg und der Kriegspropaganda, mit Kampf und Gewalt, Kriegsverbrechen und Kriegsgefangenen, Glaube und Tod, mit der Situation von Männern, Frauen und Kindern sowie Jugendlichen, den traumatisierten Menschen, mit dem Frieden sowie den Folgen des Ersten Weltkriegs befassen. Im Zentrum sollen Werke von Kunstschaffenden wie Josef Schulz, Felix Albrecht Harta, Otto Dix, Arthur Stadler, Anton Faistauer und Alfred Kubin sowie Autorinnen und Autoren wie Bertha von Suttner, Friederike Zweig, Stefan Zweig, Georg Trakl, Karl Kraus oder Hugo von Hofmannsthal stehen. Stadt und Land Salzburg lagen zwar nicht im Kampfgebiet, doch der Krieg beeinflusste die „Heimatfront“ in allen Bereichen.

Jubilare aus dem Bereich der Musik: Richard Strauss, eh klar

 

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