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STICH-WORT
07/01/13 Dass Gérard Depardieu Russe geworden ist, das ist schon echt stark. Der schmächtige Freund Wladimir hatte wohl keine Chance und musste sich umarmen lassen. Obelix hätte sonst wohl Steinblöcke aus dem fernen Gallien geschleudert, dass Putin mit seinen Atomwaffen hätte einpacken können.
Von Reinhard Kriechbaum
Echt lustig jedenfalls, dass da einer den Weg nach Russland sucht. Sonst ist ja eher die Gegenrichtung gefragt, trotz dem verlockenden Dreizehn-Prozent-Steuersatz im Putin-Reich. Anna Netrebko zum Beispiel hat 2006 keine Bedenken gehabt, in ein Land mit deutlich höheren Steuerbegehrlichkeiten zu übersiedeln und die österreichische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Echte Freiheit, echte Demokratie sollte das wert sein.
Anna Netrebko hat damals ihren Staatsbürgerschaftswechsel in etwa so erklärt: Die Visabestimmungen seien für russische Bürger im Westen rigoros, das Wahrnehmen künstlerischer Engagements für sie entsprechend aufwändig, wenn nicht gar unmöglich. Aber: „Natürlich bin und bleibe ich Russin.“
Ein ähnlich flammendes Bekenntnis für Frankreich hat man vom Asterix-Freund in den vergangenen Tagen und Wochen nicht vernommen. Im Gegenteil: Der Neo-Russe ?????? ???????? will dezidiert seine französische Staatsbürgerschaft zurückgeben (Anna Netrebko hat ihre russische behalten). Wie wird es um die Reisefreiheit Depardieus mit Wohnsitz womöglich in Tschetschenien bestellt sein? Wird er sich, wenn ein Film in Frankreich zu drehen sein wird, vor dem Konsulat oder der Botschaft in Grosny einordnen in die Reihe der Visum-heischenden armen Teufel?
Das soll nicht unsere Sorge sein. Depardieu ist ja in der neuen Heimat wohl gelitten, und man sorgt dort auch dafür, dass auch die 13 Prozent Steuer eine ordentliche Summe ergeben: Für die Sowjetski-Bank wirbt Depardieu auf Plakaten für Autokredite, mit dem handschriftlichen kyrillischen Slogan „Deshalb sowjetisch. Gerard Depardieu“. Ein Auto wird er sich also zumindest auf Pump kaufen können, um vorzufahren, wenn er tolle Engagements bekommt. So wie vor einiger Zeit in Grosny: Dorthin hat ihn der tschetschenische Republikführer Ramsan Kadyrow eingeladen. „Ruhm sei Grosny, Ruhm sei Tschetschenien, Ruhm sei Kadyrow“, rief Depardieu damals in gebrochenem Russisch von der Bühne.
Na ja. Wes Steuern ich zahle, des Lied ich singe. Kann Frau Netrabko eigentlich die Bundeshymne? Wir täten schon bei den ersten Worten der russischen Staatshymne „R?????? — ????????? ???? ???????“) kapitulieren. Aber Depardieu ist ja Schauspieler, der merkt sich viel auswendig.
Vielleicht hätte sich Gérard Depardieu, bevor er sich Putin und Konsorten an die Brust warf, doch schlau machen sollen, was es sonst für Optionen gibt. Österreich wäre ein gutes Einbürgerungsland, und man müsste es gar nicht so angehen, dass man Typen wie Uwe Scheuch nach dem Mund redet und die Parteikasse auffettet, einer besseren Startposition wegen. Depardieu hätte nur ein paar Minuten zu googeln brauchen und entdeckt, dass es hilfreiche Geister gibt, wenn man eine vergleichsweise billige Staatsbürgerschaft in Österreich anstrebt. „H&P“ ist ein solches Unternehmen. Staunenswertes findet sich auf der Homepage: Innerhalb der EU sei Österreich “the only country besides Slovakia with an established practice of offering citizenship and a passport to substantial investors without prior residence requirements on the basis of investment in the country”. Der Schlüssel ist „Citicenship by investment“. Österreich biete Möglichkeiten „with minimal requirements“. Ein paar Millionen in ein Joint Venture-Projekt gesteckt, und schon ist man dabei. Bei der mutmaßlichen Steuerveranlagung des Filmschauspielers in Frankreich wäre der Wirtschaftseinsatz in Österreich binnen weniger Jahre locker herinnen.
Aber freilich: Über eine „Reichensteuer“ wird auch hierzulande schon diskutiert. Ganz aus dem Schneider wäre Depardieu als Österreicher auch nicht. Vielleicht fährt er doch mit Russland besser. Zum Osten hat Depardieu ja eine innige Beziehung, heißt es. Auf der (ukrainischen) Krim besitzt er Weingüter. Das ist ganz wichtig für den Alltags-Nachschub, wenn auch Weinkenner die süßlichen Krim-Weine nicht so hoch einschätzen wie edle französische Tropfen.
An Filmthemen mangelt es jedenfalls nicht: „Rasputin“ hat er als Filmrolle schon gespielt, mit aufgeklebtem Bart. Mit dem ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Juschtschenko (auch so ein Freund) war Depardieu im Gespräch für eine Verfilmung des Nationalepos Taras Bulba. Und dann gäbe es noch Usbekistan! In der ältesten Tochter des dortigen Diktators Islam Karimow hat Depardieu sogar eine Kollegin: Sie tritt, wie die Frankfurter Rundschau (die es als Online-Medium doch noch gibt) berichtet, unter dem Künstlernamen Googoosha auf. Angeblich hat sie Depardieu die Filmrolle des islamischen Eroberers Tamerlan (Timur) angetragen. Vielleicht wird er ja gar kein West-Visum mehr brauchen. Es säuft und filmt sich auch auf ehemaligem Sowjetterritorium ziemlich gut.