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Displaced Persons

STICH-WORT

12/06/23 Seit zwei Jahren heißt der ehemalige Makart-Steg Marko-Feingold-Steg. Auch heuer gibt es dort eine Schautafel-Ausstellung. Sie gilt dem Thema Displaced Persons. Wenn heutzutage ständig von „Flüchtlingskrise“ die Rede ist, so relativiert das ein Blick auf die Situation damals.

Die Zahl der Displaced Persons in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Jahr 1946 auf 450.000 bis 500.000 geschätzt. Dies entsprach etwa sieben Prozent der österreichischen Bevölkerung nach dem Krieg. Ein nicht unwesentlicher Teil blieb in zahlreichen Lagern in und um Salzburg hängen. Es gab ein „Russenlager“ in Parsch und das „Schwabenlager“ in Grödig für so genannte „Donauschwaben“ bzw. „Donaudeutsche“ aus Gebieten in Rumänien, Ungarn und dem ehemaligen Jugoslawien.

Als erstes Lager für jüdische Menschen wurde gleich 1945 Camp Mülln im Augustiner Bräu eingerichtet. Es war für rund 200 bis 250 Personen gedacht. Für die meisten jüdischen Überlebenden waren solche Aufenthalte kurze Zwischenstops vor der Weiterreise vor allem nach Palästina oder in die USA. Palästina stand bis zur Gründung Israels 1948 unter britischem Völkerbundmandat, weswegen die legale Einwanderung jüdischer Überlebender bis dahin limitiert blieb und die Einreise vielfach illegal war.

Weitere Lager für jüdische Displaced Persons waren Camp Judah in der Riedenburgkaserne, Camp Herzl in der Franz-Josefs-Kaserne in der Schrannengasse, Bet Bialik in der Struberkaserne, Bet Trumpeldor in Gnigl und New Palestine in Parsch. Auch in Puch bei Hallein und in der Wallnerkaserne in Saalfelden (Givat Avoda) wurden solche Lager betrieben.

Von größerer Bedeutung war Camp Judah in der Riedenburgkaserne: Nach einer vorübergehenden Schließung wurde es nach der Ankunft vieler polnisch-jüdischer Flüchtlinge 1946 wiedereröffnet und beherbergte bald mehr als 1.800 Menschen, bis es 1949 erneut und endgültig geschlossen wurde. Wie in den meisten anderen Lagern gab es dort eine Schule für rund 160 Kinder, und zusätzlich noch ein Bet Hamidrash, wo Kinder Religionsunterricht erhielten. Für Kleinkinder stand ein Kindergarten zur Verfügung und für Erwachsene zudem eine Abendschule.

Die einheimische Bevölkerung sah die jüdischen DPs mit Misstrauen, es gab aggressive Stimmen, die sie sogar als „Hitlers Unvollendete“ bezeichneten.

Tatsächlich war Camp Judah auch ein Zentrum des Schwarzmarkthandels – übrigens eine Überlebensstrategie für DPs genau so wie für Einheimische. „Tief verwurzelte Ressentiments seitens der lokalen Bevölkerung sowie deren ökonomische Sorgen und Kampf um das tägliche Überleben in den ersten Nachkriegsjahren standen dem großen Misstrauen der jüdischen DPs gegenüber, die in Österreich in erster Linie ein Feindes- und Täterland sahen“, heißt es dazu auf der Homepage der Stadt.

Konfliktstoff gab es immer wieder, nicht nur wegen der „Schwarzmarktjuden“. Es gab internationale Schlagzeilen, als 1951 drei Tage lang jüdische DPs mit Mitgliedern antifaschistischer Verbände für die Absetzung von Veit Harlans Film Die unsterbliche Geliebte demonstrierten. Aus guten Grund, schließlich war Harlan auch der Regisseur des antisemitischen NS-Propagandafilms Jud Süß von 1940 gewesen. Die Salzburger Polizei schließlich ging mit Knüppeln auf die Demonstrierenden los. Der damalige Landeshauptmann Josef Klaus fürchtete vor allem um den Ruf Salzburgs als Festspielstadt. Er sprach sich überdies dagegen aus, Weihnachtspakete an jüdische Flüchtlingskinder zu verteilen.

Unruhig ging es auch im hoffnungslos überfüllten Camp Herzl her. Bis zu zweitausend Menschen waren hier zusammengepfercht und die US-Lagerbehörden beschlossen deshalb, es zu schließen. Die Bewohner gerieten in Panik, verbarrikadierten sich und traten in Hungerstreik. Rund zweihundert amerikanische Soldaten versuchten das Lager unter Anwendung von Tränengas zu räumen. Heute ist in dem Gebäude gegenüber dem Loreto-Kloster das Thomas-Bernhard-Institut für Schauspiel und Regie der Universität Mozarteum untergebracht.

Die Schautafel-Ausstellung auf dem Marko-Feingold-Steg hat Albert Lichtblau, Professor i.R. für Zeitgeschichte und Experte für Jüdische Kulturgeschichte an der Universität Salzburg, kuratiert. Marko Feingold hat sich in den Jahren nach dem Krieg sehr aktiv für jüdische Displaced Persons eingesetzt. (Stadt Salzburg / dpk-krie)

Weitere Informationen über das jüdische Leben in Salzburg und speziell Displaced Persons auf der Homepage der Stadt Salzburg. Die Ausstellung auf dem Marko-Feingold-Steg ist bis 17. Juli zu sehen
Bilder: US Holocaust Museum (1);  www.dpcamps.org (3)

 

 

 

 

 

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