Ein Kommen und Gehen
STICH-WORT
30/04/21 Fast können sie einem leid tun, die Roten. Ihr Leib-und-Seele-Fest, der 1. Mai, ganz ohne Aufmärsche! Das ist wie Bier ohne Schaumkrone. Aber die Kirche, die an diesem Tag das Fest „Josef der Arbeiter“ feiert, ist auch arm dran. Die Arbeiter-Bewegten haben dem biblischen Zimmermann seit je her die Show gestohlen.
Von Reinhard Kriechbaum
Was trudelt in den Salzburger Redaktionsstuben im Vorfeld des 1. Mai und wurde gerade noch vor dem Papierkorb gerettet? Da liegt eine Presseaussendung der SPÖ Salzburg, die zu einem „pandemietauglichen“ Maifest-To-Go lädt. Nein, kein gemeinschaftliches Gehen unter Schwingen roter Fähnlein. Die SPÖ-Sympathisanten sind eingeladen, am Samstag 1. Mai zwischen 11 und 14 Uhr beim Haus der SPÖ vorbeizukommen. Keine Schande, wenn viele im schwarzen Salzburg die Adresse nicht parat haben: Wartelsteinstraße 1. Man kann ein Menü-To-Go (Hendel, Grillwürstel oder auch Pommes allein) virtuell ordern und dort abholen.
Wir als musische Menschen empfehlen: Auf dem Weg nach Hause die Internationale zu pfeifen oder zu singen, hätte echt Stil.
Zu Josef dem Arbeiter fällt uns keine Musik ein. Das einzige Josefslied im katholischen Gesangsbuch Gotteslob ist von einer Text-Einfalt, die ihresgleichen sucht. Josef war laut Bibel Tekton. Das griechische Wort kann Bauhandwerker ebenso heißen wie Architekt. Über den sozialen Status der Kinderstube Jesu ist also nichts Genaues bekannt. Der Beruf Zimmermann ist eine eher populäre Zuschreibung.
Die Geschichte des kirchlichen Josefs-Fest am 1. Mai ist kurz. Nach der Enzyklika „Rerum Novarum“ von Papst Leo XIII. veranstaltete auch die christliche Arbeiterbewegung 1893 eine erste Maikundgebung. 1955 erklärte Papst Pius XII den 1. Mai als Gedenktag des Heiligen Josef, erstens aus Konkurrenzdenken zur Sozialdemokratie und zweitens, weil sich eine immer stärkere christliche Arbeiterbewegung bildete. Französische Arbeiterpriester und christliche Vereinen gaben den Ton vor, hieraus entwickelte sich dann die Betriebsseelsorge.
Nett ist die zweite Presseaussendung, die kürzlich daher kam. Heiner Sternemann, Leiter des Referats für Spiritualität in der Erzdiözese Salzburg, hat vor acht Jahren einen netten Brauch eingeführt. Eine Statue wird einige Monate lang von Betrieb zu Betrieb weiter gereicht. Das adventliche Frautragen ist ja ein alter alpenländischer Brauch, nun also auch ein Manntragen. Die Holzschnitzerei kommt aus dem Dommuseum, Josef der Zimmermann hat einschlägiges Werkzeug und ein kleines Jesuskind an seiner Seite.
„Unser Josef findet überall, wo Menschen arbeiten, seinen Platz. Aber die meisten Anfragen kommen aus dem produzierenden Gewerbe, kleinen Handwerksbetrieben und aus dem Handel“, berichtet Sternemann. Die Skulptur ist unterdessen durch mittlerweile fast vierzig Betriebe im Tiroler Teil der Erzdiözese gewandert. Auch in der Polizeidienststelle in Kramsach war sie schon willkommener Gast. (Das Bild zeigt also keine Verhaftung eines illegalen Arbeiters.)
„Die Nachfrage ist jedenfalls groß“, freut sich der Theologe. Inzwischen sei auch im Salzburger Umland das Interesse an diesem Projekt geweckt. Von der Pfarre St. Josef Neualm gibt es das Angebot, eine zweite Josefsstatue pilgern zu lassen.
Wer es handlicher will: Die Erzdiözese hat auch 7.000 Lesezeichen mit Josefs-Motiv aufgelegt. Das Motiv entstammt einer Schwarz-Weiß Zeichnung des Salzburger Künstlers Karl Weiser.