Ein Schoßhund für die Diva
STICH-WORT
08/01/20 Hundebesitzer mit einem Tier in passenden Dimensionen – diese sind sehr bescheiden! – können schon mal anfangen, Löckchen ins Fell zu drehen. Das Salzburger Landestheater sucht einen Schoßhund.
Von Reinhard Kriechbaum
Sitten und Unsitten am Theater war der originale Titel von Gaetano Donizettis Opera buffa Viva la Diva. Bellen ist dort ungefähr so vepönt wie ein jedes Störgeräusche durchs Handy. Drum wird als vierbeiniger Statist auch kein Kläffer gesucht, sondern ein „Tier mit friedlichem Wesen und starken Nerven, das bühnentauglich ist und sich durch Licht sowie Lautstärke durch Gesang und Orchestermusik nicht aus der Ruhe bringen lässt“. Ganz schmähstad darf das Hündchen, laut Such-Meldung ein „in Größe und Statur sehr kleiner und zierlicher Hund“, aber auch nicht sein. Er soll auf Kommando schon bellen können. Der Bravourakt wären Tricks wie „tot umfallen“.
Zum Casting aufgerufen sind „alle interessierten Vierbeiner“, was eine gewisse Lesefähigkeit voraussetzt. Vielleicht könnte der Regisseur, der Brite Stephen Medcalf, ja auch spontan daraus etwas machen. Ob viele „interessierte Vierbeiner“ den DrehPunktKultur lesen, wäre übrigens auch für uns interessant, es gibt dazu leider noch keine empirischen Daten.
Zu Diva und Hund im Handtaschenformat fällt uns natürlich ein langjähriger Festspielgast ein, der Münchner Modeschöpfer Rudolph Moshammer. Seine getreue Begleiterin Daisy hat er in der Hofstallgasse vor Beginn der Aufführungen stets seinem Chauffeur anvertraut. Daisy hat das Tot-Umfallen übrigens ein Jahr nach dem Mord am Herrchen (2005) ein Mal praktiziert, aber nicht als Kunststück.
In Donizettis Viva la Diva, einer deftigen Satire auf die Zustände im italienischen Opernleben hinter der Bühne, wird die gesuchte Hundestatistin – aus Gendergründen wird wohl auch ein männlicher Vierbeiner nicht ausgeschlossen sein – ebenfalls einem Mann aus der Handtasche schauen. Donizetti schrieb die Rolle der alternden Diva Agata, die im größten Durcheinander voller Künstler-Eifersüchteleien damit droht, die Hauptrolle selbst zu übernehmen, nämlich für Bariton. Die Opera buffa wurde nach der Uraufführung 1827 zu einem großen Erfolg, geriet aber bald in Vergessenheit und findet sich erst seit 1963 wieder vermehrt auf den Theaterspielplänen.
Donizetti hat eine zugleich virtuose und parodierende Musik komponiert. Er macht die Bühnenkräche, Eitelkeiten, Finanzierungsnöte und Eifersüchteleien des Theaters selbst zum Thema und kann auf diese Weise verschiedenste traditionelle Formen und Inhalte aneinanderreihen und karikieren. Dirigent der Salzburger Produktion ist Adrian Kelly. Regisseur Stephen Medcalf inszenierte im Salzburger Landestheater bereits die Kammeroper Albert Herring von Benjamin Britten sowie dessen Tod in Venedig, außerdem Richard Strauss' Ariadne auf Naxos.