Salzburg privat
STICH-WORT
29/03/17 Super 8 und Kodak-blau. Das waren noch Zeiten. Gut möglich, dass sich in Kellern oder in Truhen auf dem Dachboden noch solche Amateuraufnahmen finden. „Solche Amateurfilme zählen zu den wichtigsten bisher noch verborgenen Quellen zur Zeit- und Alltagsgeschichte des Landes Salzburg.“, Das sagten Landesrätin Martina Berthold, zuständig für die Erwachsenenbildung, und Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn, heute Mittwoch (29.3.) in einem Pressegespräch. „Bringen Sie uns Ihre alten Filme und Sie erhalten diese kostenlos auf DVD zurück.“
Land Salzburg, Salzburg 20.16 und das Filmarchiv Austria initiierten diesen Suchaufruf zur Sammlung und Digitalisierung analoger Schmalfilme. Die wertvollen filmischen Erinnerungen werden kostenlos auf DVD überspielt und so nicht nur vor dem Vergessen, sondern auch vor der Zerstörung bewahrt.
„Mit 'Salzburg privat' starten wir ein kulturelles Großprojekt im Bundesland Salzburg. Diese Initiative konnte nur durch die konstruktive Zusammenarbeit mehrerer Referate wie Wissenschaft, Kultur und öffentliche Bibliotheken ermöglicht werden. Der finanzielle Aufwand ist nicht unerheblich – dafür werden wir aber reichlich belohnt. Der Amateurfilm ist eine wichtige Grundlage unter anderem für die Sozialforschung", so Schellhorn. Die Aktion „Salzburg privat“ läuft bis Ende Oktober 2017. Die Kosten von rund 260.000 Euro teilen sich das Land Salzburg, das Filmarchiv Austria und Salzburg 20.16.
Analoge Amateurfilme auf Schmalfilmbasis wurden von den 1920er-Jahren bis in die 1990er-Jahre und damit bis zum Aufkommen der Videotechnologie eingesetzt. Sie repräsentieren nahezu ein Dreivierteljahrhundert Dokumentation von Land und Leuten in Ton und Bild. Alle Teilnehmenden erhalten über diese Initiative ihre Filme in Form von DVDs zurück. Die Digitalisierung/Überspielung der Filmaufnahmen erfolgt im Filmarchiv Austria. Dort werden kulturhistorisch bedeutsame private Filmdokumente professionell gesichert und archiviert.
In einem zweiten Schritt sollen dann im Jahr 2018 die interessantesten Beispiele in Form einer interaktiven Online-Chronik veröffentlicht werden. Dieses ebenfalls von Land Salzburg und Filmarchiv Austria initiierte Projekt wird als Community-Internet-Portal ausgerichtet. Das gibt allen Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, nach dem Wiki-Prinzip selber Anmerkungen und Kommentare zu den im Netz aufrufbaren Filmen einzubringen. Eine Kofinanzierung zwischen Land Salzburg und Filmarchiv Austria wurde auch für den Aufbau der interaktiven Online-Chronik vereinbart. Dafür sind insgesamt rund 200.000 Euro vorgesehen.
Das Filmarchiv Austria hat 2012 begonnen, in Kooperation mit den Kulturabteilungen der Länder Burgenland und Niederösterreich solche landesweiten Suchaufrufe zu starten. Ernst Kieninger, Leiter des Filmarchiv Austria, dazu: „Insgesamt wurden im Burgenland und in Niederösterreich mehr als 75.000 Filme eingebracht. Dabei ist es immer wieder gelungen, erstaunliche, teilweise auch sensationelle Funde zu vermelden. So sind etwa aus der NS-Zeit manchmal sogar in Farbe gedrehte Amateuraufnahmen die einzigen audiovisuellen Quellen dieser Zeit. In Salzburg besteht nun die große Chance, den Suchaufruf durch die Einbindung der öffentlichen Bibliotheken im ganzen Bundesland in einer neuen Qualität und Breite durchzuführen. Mit der zusätzlich geplanten Veröffentlichung ausgewählter Filme in Form einer interaktiven Online-Chronik entsteht ein europaweit einzigartiges, innovatives Beteiligungsprojekt in dem für die Kultur und Bildung immer wichtiger werdenden Bereich des filmischen Erbes.“
Insgesamt gibt es mehr als sechzig Abgabestellen in den Bezirken. In der Landeshauptstadt übernehmen das Salzburg Museum, die Robert Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen und die Pfarrbibliotheken Aigen und St. Vitalis diese Funktion. „Die öffentlichen Bibliotheken sind soziale Treffpunkte mit vielfältigen Angeboten. Wir bringen unsere umfangreiche Kompetenz gerne ein und garantieren den Salzburgern und Salzburgerinnen einen verantwortungsbewussten Umgang mit ihren Filmschätzen", freut sich Monika Aistleitner, Vorsitzende des Bibliothekars-verbandes Salzburg.
Das über den landesweiten Suchaufruf einlangende Material lässt sich in verschiedenster Form einsetzen und für kulturelle und wissenschaftliche Projekte nutzen. Der Bogen möglicher Präsentationsformen reicht von DVD-Editionen, Gestaltung von Film- und Fernsehdokumentationen, regionalen Kinoaufführungen bis hin zur Einbindung in Ausstellungs- und Museumsprojekte. Zudem bildet das Material eine wertvolle Quelle für die wissenschaftliche Analyse aus den Bereichen Volkskunde, Zeitgeschichte, Alltags- und Mentalitätsgeschichte sowie Regional- und Lokalgeschichte. „Filme aus privaten Haushalten beherbergen für die zeitgeschichtliche Forschung ein wichtiges umfangreiches Quellenmaterial von ungeahntem Ausmaß. Sie hätten zudem, so Landesrätin Martina Berthold, „große Bedeutung für viele neue alltags- wie politikgeschichtliche Forschungen an der Paris Lodron Universität.“. (Landeskorrespondenz)